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Für die langjährigen Bemühungen unserer Freunde im In- und Ausland, das internationale Bild von Deutschland und den Deutschen auf das Antlitz Adolf Hitlers zu begrenzen, ist die Papstwahl ein unerfreulicher Rückschlag. Daß künftig in den Augen von 1,1 Milliarden Menschen Gottes Stellvertreter auf Erden ausgerechnet ein Deutscher ist, könnte die Aufklärungsarbeit über dieses Volk hier und da erschweren. Die Aufklärer haben das natürlich sofort bemerkt und mit heftiger Kritik auf das Fatale dieser Wahl aufmerksam gemacht. Besonders betroffen reagierten unsere stets wachen britischen Nachbarn.
Die Inselbewohner haben mit der Katholisch en Kirche ja ohnehin nicht viel am Hut. Es war Rom, das einst ihrem König verboten hat, eine neue Frau zu heiraten, obwohl die alte ihren Kopf noch fest auf den Schultern trug (statt nach der feinen englischen Art des 16. Jahrhunderts wegen verblassenden Sex-Appeals enthauptet worden zu sein). So sagte sich Heinrich der Achte vom Heiligen Stuhl los und stellte sich selber einen hin. Heute wissen die Engländer endgültig, daß sie damals richtig gehandelt haben und nutzen ihre erworbene Freiheit, um der Welt die Augen dafür zu öffnen, daß ein Rottweiler von der HJ auf Panzerketten in den Vatikan eingefahren ist. Einer, der so deutsch und dogmatisch ist, daß er Heinrich Blaubarts Vielweiberei selbst heute noch nicht im "offenen Dialog" erörtern, sondern schlicht verbieten würde.
Gleich nach den Engländern folgten die immerbereiten deutschen Bedenkenträger damit, ihre Bedenken vorzutragen. Vor allem in der "Dritten Welt", in Afrika und Südamerika begegne man Benedikt mit "großen Vorbehalten", wußten sie sofort und horchten dann den Äther ab, um das Echo aus diesen Ländern einzufangen. Da aber klappte offensichtlich die Kooperation nicht. Normalerweise geht das wie geölt: Deutsche Medien und Experten prognostizieren düstere Empfindungen oder gar Ängste des Auslands wegen irgendeines "deutschen" Vorgangs - und schon treten ihre Kollegen rund um den Erdball auf den Plan und äußern sich wie gewünscht (obwohl sie oftmals vor dem Hinweis aus Deutschland von ihren eigenen "Ängsten" gar nichts wußten). Diesmal aber gingen von sämtlichen Versammlungen gläubiger Katholiken auf dem Planeten nichts als Jubelbilder über die Kanäle. Nach diesem Fehlschlag mußten die deutschen Ratzinger-Feinde den ganzen Globus absuchen, um wenigstens einige prominente Kleriker zu finden, die gegen "den Deutschen" stänkern. Die Ausbeute ist enttäuschend. Der bekannteste Kritiker des neuen Papstes ist dabei nicht einmal Katholik, sondern ausgerechnet ein Vertreter von Heinrich Blaubarts Hochzeitskirche: der südafrikanische Anglikaner-Bischof Tutu. Der andere "prominente Ratzinger-Gegner" von der Südhalbkugel ist zwar wenigstens Katholik, mußte uns aber erst noch bekanntgemacht werden, um ihn nun als "Prominenten" preisen zu können. Es handelt sich um einen verbiesterten Ex-Franziskaner aus dem brasilianischen Regenwald. Boff heißt der bärtige Mann und ist Anhänger der sogenannten "Theologie der Befreiung". Die besagt, daß Jesus Christus und Karl Marx in etwa dasselbe wollten, Jesus jedoch nur fürs Jenseits zuständig ist, weshalb wir uns zu Lebzeiten gefälligst an die Beschlüsse von Partei und Politbüro zu halten hätten. Klingt einleuchtend. Der damalige Kardinal Ratzinger aber fand die Stelle mit Marx in der Bibel nicht, zitierte Boff 1984 nach Rom und bat ihn unmißverständlich, sich entweder für "Das Kapital" oder "Die Heilige Schrift" zu entscheiden. Seitdem kann Boff den heutigen Papst nicht mehr leiden.
Noch heute giftet der Brasilianer, daß Ratzingers Bibelauslegung "dogmatisch" und "einseitig" sei, obwohl die Schrift "mehrere Deutungen" zulasse. Na ja, Textanalyse will eben gelernt sein. Unsereiner beißt sich ja schon bei weit profaneren Schriften die Zähne aus. Mit der sensationellen Bild-Überschrift "Wir sind Papst" sind wir jedenfalls lange noch nicht fertig. Spielt das Blatt auf die bundesrepublikanische Sitte an, bei politischen Auseinandersetzungen auf den Schwingen eigener Unfehlbarkeit ohne Umschweife zur Teufelsaustreibung überzugehen? Nun ja, jedenfalls haben wir allerlei Bräuche aus den bewegtesten Tagen der Inquisition erfolgreich verweltlicht und so in unsere Zeit hinübergerettet. Im Kampf gegen das politisch Böse beweisen wir Tag für Tag mehr, daß uns die traditionellen Praktiken der Hexenverfolgung immer noch weitaus besser vertraut sind als der über die Jahrhunderte verweichlichten Kirche Roms. Wer die Einzigartigkeit unseres Glaubens hier in Zweifel zieht, der kann sich nicht einmal mehr durch nachgereichte Reuebekenntnisse retten, den fackeln wir ab! Aber kann Bild das gemeint haben? Und ist Ratzinger mit seinem ewigen Gerede vom "Aufeinanderzugehen" und dem "Respekt vor anderen" überhaupt moralisch hilfreich beim Aufschichten von Scheiterhaufen? Kaum.
Dem evangelischen Bischof Huber ist das Wurst. Er will auch gar nicht Papst sein, er will mehr. Natürlich nicht für sich selbst, sondern für Deutschland. Der nach christlicher Überzeugung von Gott gesandte Jesus übernahm damals alle Sünden der Welt und büßte für sie am Kreuz. Das ist bald 2.000 Jahre her, weshalb Huber offenbar gedenkt, die Rolle neu zu besetzen. Daß Deutschland in seiner Gänze und für alle Zeit für die "in seinem Namen" (ob autorisiert oder nicht) begangenen Sünden zu büßen hat, ist längst Glaubenssatz. Mit seiner Entschuldigung für den Armeniermord durch die Türken hat uns der Bischof aber nun zum globalen Sündenbüßer geadelt, der alles auf sich nimmt. Auch das, was die anderen gemacht haben. Manche hat das überrascht, doch wurde diese Beförderung des deutschen Volkes sprachlich schon lange vorbereitet. Wenn bei einer schlimmen Tat auch nur ein Deutscher zugegen war, haben "die Deutschen" eine "untilgbare Schuld auf sich geladen", wird gepredigt. Hatte jedoch - wie etwa beim Indianermord - Deutschland nun leider gar keine Aktien in dem schmutzigen Geschäft, dann sind halt "die Europäer" oder besser "die Weißen" schuldig, womit auch die Deutschen gleich wieder dabei sind.
Beim Armeniermord liegt die Sache klar: Daß das mit den Türken "verbündete Deutsche Reich nicht eingeschritten" ist, sei hier der Quell unserer Scham, sagt Huber. Sind die mit Stalin verbündeten Amerikaner beim Gulag auch nicht, ohne daß man ihnen eine Mitschuld anhängt, könnte man sagen - tut man aber nicht. Das ist eben der Unterschied.
"Ich war nämlich mal Dauerläufer, müssen Sie wissen!" |
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