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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Und ewig ruft der Dschungel: Schon wieder sollen deutsche Soldaten in den Kongo marschieren, um für Frieden zu sorgen. Hätten wir uns doch bloß nicht so weit aus dem Fenster gelehnt! Noch auf der Sicherheitskonferenz in München sonnten sich die europäischen Politiker in der "gestiegenen sicherheitspolitischen Verantwortung Europas". "Na dann macht mal!" schallte es umgehend aus der Uno-Zentrale zurück. Damit hatten wir so schnell nicht gerechnet. Die putzigen Ausreden der Regierungen, warum gerade ihre Truppen für den Einsatz in dem afrikanische
n Land ungeeignet seien, geben Aufschluß über die allgemeine Verlegenheit.

London argumentiert, daß der Kongo ja kein englisch- sondern ein französischsprachiges Land sei, weshalb sich seine Soldaten dort gar nicht zurechtfänden. Das erklärt zumindest, warum die Kommunikation der britischen Uniformierten in Basra so häufig in Prügeleien ausartet. Die Bastarde da unten können ja nicht mal Französisch, geschweige denn Englisch. Belgien wendet ein, daß die Anwesenheit seiner Truppen den Argwohn der Einheimischen gegenüber den zahlreich in der ehemaligen Kolonie tätigen Belgiern steigern könnte. Mit anderen Worten: Wir wollen da unten Geld verdienen, und das in angenehmer Geschäftsatmosphäre, weshalb sich den Groll der Kongolesen bitte andere aufhalsen mögen. Nobel, nobel.

Die Bundesregierung ist selbstverständlich zum Einsatz bereit. Angela Merkel hat sich so wunderbar auf der internationalen Bühne eingerichtet, daß sie sich jetzt nicht knickerig zeigen will. Andernfalls könnte der ausländische Beifall dünner werden, was den inländischen Umfragewerten schadet. Einen Kampfeinsatz möchte Berlin allerdings lieber vermeiden. Macht nichts: Einsätze ohne Kampauftrag haben sich bereits auf dem Balkan Anfang bis Mitte der 90er Jahre bewährt: Die Kriegshandlungen konnten unbeeinträchtigt weitergehen, ohne daß sie durch unbotmäßige Einmischung der Uno gestört worden wären. So keimten auch keine negativen Gefühle der einheimischen Potentaten gegenüber den fremden Truppen auf. Völkermordbegabte "Warlords" konnten ihrem Handwerk sogar direkt unter den Augen der dezent um Entspannung bemühten UN-Truppen nachgehen wie in Srebreniza. Wenn sich die Uno-Verbände im Kongo nur ebenso besonnen zurückhalten wie weiland die Holländer in Bosnien, dann sind sogar die belgischen Bedenken eigentlich unbegründet.

Tapfer voran marschieren allein die Franzosen, die den Kongo zu ihrer Interessensphäre zählen und daher emsig drängen, daß die deutsch-französische "Battle Group" da unten für sie aufräume - die "binatio-nale" Einheit besteht aus 1500 deutschen Fallschirmjägern und vier französischen Stabssoldaten. Was heißt "The Germans to the Front" eigentlich auf französisch?

Kurz: Aus der EU-Kongo-Expedition wird sobald wohl nichts. Die Uno wird noch eine Weile ausharren müssen, eh die europäischen Mächte unter ihren Tischen hervorgekrochen kommen, um auf Friedensmission gegen die zwölfjährigen Soldaten der dortigen Bürgerkriegsarmeen zu ziehen.

Dabei hat die Weltorganisation wirklich wichtigere Krisenherde zu bewältigen in ihrem ehernen Ringen um die Menschenrechte. Zu diesem Zweck schickt sie ihre kompetenten Sonderberichterstatter um den Globus, die überall nach dem Rechten sehen. Der UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Bildung, Vernor Muñoz Villalobos, reist derzeit durch Deutschland, um die Bildungschancen des Nachwuchses zu überprüfen. Zuvor hatte der Juraprofessor aus Costa Rica das bereits in Botswana, Kolumbien und Indonesien getan. Vom Kindergarten bis zur Uni kommt alles unter seine Lupe.

Wissenschaftler brauchen für solche umfassenden Untersuchungen Jahre, der Uno-Jurist mit dem Spezialgebiet "Menschenrechtserziehung" schafft das alles in zehn Tagen, dann will er einen der weltweit beachteten Uno-Sonderberichte schreiben.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich schon lange auf Muñoz Villalobos Besuch gefreut und versorgt ihn mit Belastungsmaterial gegen das dreigliedrige deutsche Schulsystem. Das wird ihm helfen. Doch auch ohne die GEW-Munition würde er gewiß nicht mit leeren Händen gehen müssen. Seine kroatische Vorgängerin Katerina Tomasevsky hatte das verpflichtende Deutschlernen für Ausländerkinder in Hessen schärfstens kritisiert. Muñoz Villalobos will sein Hauptaugenmerk hingegen auf die Frage richten, ob die Ausländerkinder auch genügend Deutsch lernen, um gleichberechtigt mithalten zu können. Überall, wo Tomasevskys Drohruf damals Wirkung gezeigt hat und auf die Deutschkurse verzichtet wurde, kann Nachfolger Muñoz Villalobos nun reiche Ernte an Kritikpunkten einfahren. Eine Weltorganisation ernährt sich selbst.

Im weiterschwelenden Karikaturenstreit hatte Uno-Generalsekretär Kofi Annan ja schon alles Nötige gesagt. Er ist bis auf weiteres "betroffen" und verurteilt die Gewalt ebenso wie die "beleidigenden" Zeichnungen. Die muslimischen Proteste, da stimmen alle fortschrittlichen Menschen überein, sind ja durchaus verständlich.

Denken wir nur an die armen 80000 jemenitischen Frauen, die sich zum ersten großen Protestzug spontan in ihrer Hauptstadt Sanaa versammelt hatten und so die Lawine lostraten. In dem Land dürfen die Tiefverscheierten sonst nie ohne männliche Begleitung vor die Tür. Nun hat man für sie Hunderte dänische Fahnen in Pakistan bestellt (Lieferzeit: ein Monat), die sie dann ganz spontan auf der Straße und ohne Männereskorte verbrennen durften. An diesen tollen Tag werden sie sich ein Leben lang erinnern.

Auch in den meisten anderen muslimischen Ländern sind Demos normalerweise streng verboten, endet jede politische "Zusammenrottung" in Windeseile unter den Knüppeln der Staatsmacht im Kerker. Als öder Ersatz für Demos werden staatliche Feiertage geboten, an denen bestellte Volksmassen müde winkend an ihrem korrupten Führer vorbeilatschen dürfen. Jetzt konnten all die Gelangweilten mal richtig die Sau rauslassen.

Neben der freundlichen Anteilnahme ihrer sonst recht paranoiden Staatsmacht winkt dazu noch die Belohnung, den Ungläubigen ordentlich Angst einzujagen. Denen rutscht tatsächlich reihenweise das Herz in die Beinkleider. Der Chef von "Jyllands Posten" hat seinen Kulturredakteur vom Hof gejagt und Dänemarks ehemaliger Außenminister Uffe Ellemann-Jensen fordert gar den Kopf des Zeitungschefs selbst. Der habe sich einen "fatalen Fehler" erlaubt, der schon "etliche Menschenleben gekostet hat", und müsse daher dringend weg. Genial, wie der Parteifreund von Ministerpräsident Rasmussen die Toten einschließlich des katholischen Priesters in der Türkei - schwupp! - auf das Konto von "Jyllands Posten" überwiesen hat.

Günter Grass hat eine Weile gebraucht, bis er die Vorgänge in sein politisches Raster gefriemelt bekam. Diese Woche wurde er fertig, nun paßt auch für ihn wieder alles: Die Journalisten seien "rechtsradikal und fremdenfeindlich" und wer die Karikaturen genauer betrachte, erkenne, daß das der Stil des "Stürmer" sei. Na also: Hitler! Hat aber auch gedauert, diesmal.

Wenn gewisse Leute nur lange genug auf irgendetwas gucken, kommt offenbar immer Hitler zum Vorschein, egal was zu sehen ist. So hat die britische Zeitung "Sun" entdeckt, daß das scheinbar harmlose Logo der deutschen Polizei zur Fußball-WM in Wahrheit den Braunauer abbildet. Zeichner Jürgen Tomicek ist fassungslos. Er engagiere sich in seinen Zeichungen doch besonders häufig gegen Rechtsextremismus und Fremdenhaß, beteuert er. Das Bildchen sei als "freundliches Willkommenslogo für ein friedliches Event" gedacht gewesen. Freunde! Frieden!! Event!!! Und jetzt das! Tomicek leidet.

EU in der Kongo-Klemme: Was heißt "The Germans to the Front" eigentlich auf Französisch?

"Dann ist es Allahs Wille. Wir zünden den Laden an!"
 
     
     
 
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