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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Aus der Sicht fürsorglicher Volksvertreter sind wir, die Bürger, eine ständige Gefahr - für den Staat, für uns selbst, für die ganze Welt. Deshalb sind Verbote gut, gut für den Staat, für uns selbst und für die ganze Welt.

Verbotssaison ist besonders in solchen Tagen, in denen den Politikern sonst nicht viel einfällt, es sei denn neue Steuern oder Abgaben. Die haben immer Saison.

Nach den letzten Reformgesetzen ist jedoch eine gewisse Ödnis eingetreten. Also wundern wir uns nicht darüber, daß Berlin derzeit emsig wie selten auf Verbotssuche ist. Dabei schießt so mancher Verbieter allerdings übers Ziel hinaus: Rauchen am Steuer soll untersagt werden, wird gefordert. Wer sowas vorbringt, hat schon lange nicht mehr auf den Preis einer Zigarette
nschachtel geguckt: Welcher ernsthafte Raucher kann sich heute noch ein Auto leisten?

Gut, war auch nur so eine Idee. Aber in die Disko gehen, das können Raucher noch bezahlen! Also wird es nun wohl bald dort verboten, das Rauchen. Die Kampagne nimmt gerade fahrt auf. Gruselbilder verqualmter Hallen in höllischer Beleuchtung machen uns reif zur Attacke.

Rauchfrei ist ja auch gesünder, wird aber nicht reichen. Was ist mit dem Lärm? Den halsbrecherischen Bewegungen? Wir müssen auch die Musik leise stellen - vor dem Gewummer warnen Experten seit 30 Jahren! -, und dann führen wir orthopädisch schonende Tanzbewegungen ein. Wer knochen- oder sehnenbelastend aus der Reihe tanzt, kriegt was von seiner Krankenkasse zu hören!

Sind wir erst durch mit dem Programm zur Rettung der Diskotheken-Jugend, dann wird dort ein Klima herrschen wie beim Rentnerturnen oder der Kurgymnastikstunde für verspannte Büroleichen.

Klima? Schon wieder dieses Wort. Dem kann sich derzeit einfach nichts und niemand mehr entziehen. Alles ist irgendwie Klima, Klima, Klima. Um seiner inneren Leere zu entgehen, versucht bald jeder Minister oder Fachpolitiker, das Seine zum Klima beizutragen.

Als normaler Bürger kann man der ansteigenden Welle ebenso wenig ausweichen und macht sich täglich neue Gedanken: War meine Geburtstagsansprache eigentlich nachhaltig? Der Spaziergang zur Arbeit klimaneutral? Und wie stelle ich meine Ernährung um, damit sich mein Methanausstoß verringert?

Das Thema hat eine ungeheure Gravitation entwickelt und zieht alles in sich hinein. Dort drinnen im Kern des Klimathemas wird dann alles zu einem großen Nichts zerrieben. Astronomen haben für solche alles absorbierenden Phänomene einen Namen: Sie nennen es "Schwarzes Loch".

Bevor solche Schwarzen Löcher Planeten wie die Erde wie Käsehäppchen runterschlucken, wirbeln sie erstmal alles fürchterlich durcheinander. Tatsächlich beschleunigt sich das argumentative Chaos in der Klimadebatte auf rasante Weise.

Eine Expertin hat vergangenes Wochenende darüber aufgeklärt, daß der Kohlendioxidausstoß aus fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Öl unseren Planeten in wenigen Jahrzehnten weiträumig unbewohnbar machen wird. Die Kernkraft bräuchten wir aber nicht, weil wir "schon" in 70 bis 80 Jahren den Löwenanteil unseres Bedarfs mit erneuerbarer Energie decken könnten. Ob die Menschen dann (nach der Prognose längst vertrocknet oder ertrunken) noch viel Freude haben werden an ihren erneuerbaren Energien? Wissenschaft kann ganz schön kompliziert sein.

Da loben wir uns Renate Künast. Die macht das alles immer schön anschaulich: Präriegras hat sie uns bei Sabine Christiansen angeboten als neueste erneuerbare Energiequelle. Künast muß schon ziemlich nah dran sein am Schwarzen Loch ... ach, Spaß beiseite: Immerhin kann man sich vorstellen, wie das geht: Die Tiere fressen das Präriegras, verarbeiten es klimaneutral zu Büffelfurz, der dann als Präriegas direkt in unsere Leitungen gebläht wird.

Damit ist nicht nur etwas getan für unsere nachhaltige Energieversorgung, sondern auch für den Nichtraucherschutz. Ein Ausbruch des Supervulkans unter dem Yellowstone-Nationalpark käme einem seichten Darmwind, dem berüchtigten "Schleicher", gleich gegen die Explosion von Künasts Gasquellen in der amerikanischen Prärie im Falle ihrer Entzündung. Die Büffelhälften flögen bis nach Deutschland, sollte sich der Marlboro-Cowboy da mittendrin eine anstecken. Also ist das Rauchen zwischen Appalachen und den Rockies komplett einzustellen.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer hat den Karneval genutzt, um uns auf die schrecklichen Folgen des Wetters hinzuweisen, das bekanntlich vom Menschen abhängt, und sich als Eisbär verkleidet.

Die Bären schwitzen schrecklich in ihrer immer wärmeren Welt, sagt Büti und mischte sich zum Solidaritätsschwitzen im dicken weißen Fell unter das Jeckenvolk. Die Eisbären sterben nämlich aus, weiß der Grüne. Sein Mitgefühl lief dem tapferen Parteichef nur so runter.

Was das Aussterben angeht, drehen ihm die fernen Schützlinge womöglich eine Nase: Nach Informationen der "Welt" hat sich der Bestand an Eisbären seit dem 40er Jahren von damals rund 5000 auf mittlerweile etwa 20000 vervierfacht. Wenn die Petze in dem gleichen Tempo weiter "aussterben", so schlußfolgert das Blatt, bevölkern zur kommenden Jahrhundertmitte rund 80000 Exemplare die Arktis.

Dann werden am Pol natürlich die Nahrungsmittel knapp für so viele Tiere. Schreckliche Bilder wird es geben von abgemagerten Bären, vielleicht sogar von Kannibalismus. Unter den Fotos werden Texte stehen wie: "Die letzten Eisbären kämpfen ums Überleben - der Mensch ist Schuld".

Die "Welt"-Kommentatoren stellen die ketzerische Frage, wohin sich die Bären eigentlich im warmen Mittelalter verkrochen hatten, als Grönland so grün war, wie es heute erst langsam wieder wird?

Vielleicht hätte sich Bütikofer etwas anderes anziehen sollen. Dann hätte er nicht so transpirieren und die sich fröhlich mehrenden Eisbären nicht so lachen müssen. Allerdings sollte er aufpassen bei der Auswahl der Masken. Zwar schätzen wir durchaus "freche Kritik", aber das Ziel muß stimmen.

Den Bush, der dem iranischen Präsidenten an der "Achsel des Bösen" schnuppert, den fanden wir alle putzig. Zwei Düsseldorfer "Pappmullahs" dagegen haben beleidigte Proteste des "Zentralrats der Muslime" ausgelöst.

Der eine Mullah trug das Schild "Klischee", der andere "Wirklichkeit", ansonsten sahen beide mit ihren Waffen und den fies aufgerissenen Mäulern verblüffend gleich aus. "Mit Humor hat das nichts zu tun", schimpft Zentralratschef Aiman Mazyek. (Da hat er recht, es ging ja auch um Terrorismus.) Auch Bütikofers Parteifreund Volker Beck fand die Figuren "alles andere als komisch".

Humor ist eben Glückssache. Wo der eine lacht, ist der andere nur wütend. Wir haben schallend gelacht bei Erich Mielkes letztem Auftritt in der Volkskammer, als der Stasi-Chef dem Volk seine Liebe offenbarte ("Ich liebe doch alle - alle Menschen!"). Mielke selbst fand die Szene anschließend "alles andere als ...".

Ausgerechnet sein oberster Auslandsspion, der vergangenes Jahr verstorbene Markus Wolf, hat kurz vor seinem Tode verraten, warum sich Mielke mit einem solchen Stuß verabschiedete. Der Stasi-Boß hat ihn angeblich hinterher angerufen und gepöbelt, die Ärzte seien schuld, weil die ihm Beruhigungstabletten gegeben hätten. Daher sei er völlig durch den Wind gewesen.

Für die Menschen, die an ihn und seine Liebe geglaubt haben, muß das aber eine herbe Enttäuschung sein. Der Erich, der doch immer so nah bei uns war, unser Leben begleitete, als sei es das Seine, der liebte uns in Wahrheit nur, wenn er vollgedröhnt war. Na ja, in Bautzen hätte
 
     
     
 
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