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Noch heute sind in Polen, Tschechien und Slowenien Dekrete in Kraft, die unter Bruch aller Normen die Deutschen 1945 entrechteten. Bald sollen die drei Länder EU-Mitglieder werden. Gehöre die Dekrete dann der Vergangenheit an, werden sie endlich aufgehoben?
Unter dem Titel "Die Vertreibungs- und Entrechtungsdekrete, die Osterweiterung de EU und die europäische Rechtsordnung" machte die Landsmannschaf Ostdeutschland () diese Frage zum Thema ihrer Podiumsdiskussion des diesjährige Deutschlandtreffens.
Als Teilnehmer stellten sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Fornahl, de sächsische CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Fritz Hähle, Brandenburgs Jusitz- un Europaminister Kurt Schelter (CSU), die CDU-Europaparlamentarierin Brigitte Wenzel-Perill sowie die CDU-Bundestagsabgeordnete und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV Erika Steinbach den über 1000 Mitdiskutanten im Plenum.
Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Sprecher Phillip Blandauer macht Diskussionsleiter Reinhold Schleifenbaum deutlich, daß die Bundesregierung die Entrechtungsakte (am bekanntesten sind die tschechischen "Benesch-Dekrete" immer als rechtswidrig betrachtet habe. Auch Nachbarschafts- un Grenzbestätigungsverträge hätten daran nichts geändert. Polens Innenministerium hab indes erst kürzlich wieder darauf hingewiesen, daß die Entrechtungsdekrete in seine Augen fortbestünden.
BdV-Präsidentin Steinbach hob hervor, daß sich in den Köpfen unserer östliche Nachbarn dennoch schon sehr viel bewegt habe. Gerade die Vertriebenen hätten mit ihre Charta von 1950 den Grundstein gelegt für eine Versöhnung, die jetzt auch bei Polen un Tschechen zunehmend Gestalt gewinne. "Die Vertriebenen wollten schon 1950 da vereinte Europa unter Einschluß des Ostens." Daher sei ihnen die EU-Erweiterun heute ein großes Anliegen und nicht bloß eine Frage von Milchquoten und ähnlichem.
Doch, so Frau Steinbach, Vertreibung sei "eine Menschenrechtsverletzung, die niemals verjährt". Der BdV habe unmißverständlich festgestellt, daß sich die Entrechtungsdekrete nicht mit der europäischen Rechtsordnung vertragen. Wer jetzt im Zug der Beitrittsverhandlungen über diese Tatsache hinwegsehe, tue der EU keinen Gefalle und den ostmitteleuropäischen Beitrittskandidaten ebensowenig. Es gebe positiv Beispiele wie etwa Ungarn, das eine symbolische Heilung der Vertreibungsverbrechen an de Deutschen vollzogen habe.
Auch Kurt Schelter lobte den Beitrag der Vertriebenen bei der Versöhnung wie bei Wiederaufbau in ihrer alten Heimat während der vergangenen zehn Jahre. Mit de EU-Beitritt Polens und Tschechiens würden die Polen und Tschechen, die deutsche Vertriebenen und Heimatverbliebenen allesamt Unionsbürger gleichen Rechts. De brandenburgische CSU-Politiker warnte Warschau davor, den Deutschen durch lang Übergangsfristen die Niederlassungsfreiheit in Polen streitig zu machen. Die EU arbeit an einer gemeinsamen Charta der Grundrechte. Schelter versprach: "CDU und CSU werde sich dafür verwenden, daß in diese Charta auch das Recht auf die Heimat integrier wird." Nur Recht könne dauerhaft Frieden stiften.
Für die Leipziger Europa-Politikerin Wenzel-Perillo ist die Osterweiterung der EU in der Bedeutung nur vergleichbar mit der Gründung der EWG 1957. Dabei sei die Übernahm des EU-Rechts durch die Neumitglieder unerläßlich. Die Kopenhagener Kriterien der E hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Minderheitenschutz seien eindeutig Die fortbestehenden Nachkriegsdekrete Polens und Tschechiens seien mit de EU-Rechtsverständnis unvereinbar. Auch Kanzler Schröder habe sich gege Schlußstrich-Debatten gewandt, gleichwohl müsse der Blick in die Zukunft gerichtet sein die Unrechtsdekrete dürften diese nicht länger belasten. Manche hofften da auf die "biologische Lösung" durch Aussterben der Vertriebenen, ein Wort, das schlich "menschenverachtend" sei, so Frau Wenzel-Perillo.
SPD-Politiker Rainer Fornahl, auch Vorsitzender des Bundestagsausschusses fü Europaangelegenheiten, stellte ebenso heraus, daß "zukunftsorientiert" in de Augen des Kanzlers nicht bedeuten könne, daß historische Fakten nicht mehr genann werden dürften. Hinsichtlich der Unrechtsdekrete nahm der Sozialdemokrat eine ander Position ein als die übrigen Podiumsgäste. Die tschechische Führung habe die Benesch-Dekrete für "erloschen" erklärt. Für ihn stehe fest, daß die Beitrittskandidaten "ohne Wenn und Aber" auf der Basis der europäische Rechtsordnung stünden.
Fritz Hähle wies auf einen Beschluß des Sächsischen Landtages hin, daß die Regelun der Rechtsfragen Vorrang habe vor dem Zeitplan des EU-Beitritts. Das Recht auf die Heima sei für Sachsens Parlament eine "unverzichtbare Beitrittsbedingung".
Einige Bewegung kam in die Debatte, als die Frage auftauchte, ob denn die Aufhebung de Unrechtsdekrete nun wirklich zur Voraussetzung gemacht werde für den EU-Beitritt Polen und Tschechiens. Erika Steinbach räumte ein, daß es keine Partei im Bundestag gebe welche die Osterweiterung wegen der Entrechtungsdekrete scheitern lassen wolle. Auc Europaparlamentarierin Wenzel-Perillo machte klar: Das Straßburger Parlament habe zwa die Abschaffung der Dekrete "angemahnt" und dies "nach Möglichkeit vor de Beitritt". Das sei aber "keine Bedingung" für die EU-Aufnahme Polens un Tschechiens. Kurt Schelter forderte die Vertriebenen zur Geduld auf nur weil ma sie jetzt nicht beseitigen könne, heiße das ja nicht, daß man die Dekrete späte einmal nicht doch noch angehe.
SPD-Politiker Fornahl hob hervor, daß auch in seiner Partei heute mehr Offenhei herrsche für Anliegen und Schicksal der deutschen Vertriebenen als noch vor Jahren. Da Kanzler Schröder auf dem diesjährigen Tag der Heimat spreche, mache das sichtbar.
Erika Steinbach strich heraus, daß man als Vertriebener nach allen Seite gesprächsbereit bleiben müsse auch gegenüber Andersdenkenden. Sie arbeite zä daran, das Vertriebenenschicksal zum Thema in allen Bundestagsparteien zu machen. Dafü sei Offenheit und Gesprächsbereitschaft unerläßlich, statt "mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, obwohl es auch eine Tür gibt, zu der man den Schlüssel finden muß".
Zum Abschluß einer zum Teil äußerst lebhaften Plenardiskussion ermunterte Bernd Hin die Politiker, beim Knüpfen von Kontakten zu Prag und Warschau als Anregung aufzunehmen was auf der Ebene der kommunalen Zusammenarbeit schon Wegweisendes erreicht worden sei.
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