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Die Erinnerung an Kant ist untrennbar verbunden auch mit der Erschütterung über die Auslöschung seiner Stadt, die heute den Namen eines Gefolgsmannes Stalins trägt - solch ernste Worte richtete Bayerns Staatsministerin Christa Stewens an die Gäste der Freundeskreis Ostdeutschland und der Freiheits-Depesche, die im Französischen Dom am Berliner Gendarmenmarkt des Philosophen Immanuel Kant gedachten. Weiter hieß es im Grußwort der Ministerin aus dem Freistaat (wo laut Strauß Deutschlands letzte Preußen leben), sie hoffe, daß "das historische Königsberg und Preußen insgesamt gerade auch als Hort der Toleranz, Philosophie und Kunst bereichernd in unsere Wahrnehmung zurückkehren".
Es ist nicht überliefert, in welchem Maße auch Bundesaußenminister Fischer die oben zitierte Erschütterung über die Zerstörung Königsbergs empfand, als er am 12. Februar, dem 200. Todestag des großen Denkers, an Kants Denkmal einen Kranz niederlegte. Daß er genau dieses Datum wählte, um das neue deutsche Generalkonsulat in der alten Hauptstadt Ostdeutschlands zu eröffnen, darf jedenfalls - in aller Bescheidenheit - als Ausdruck von Geschichtsbewußtsein gewertet werden. Schon in jungen Jahren (also im revolutionären Umfeld der Frankfurter Sponti-Szene) habe er "seinen Kant" gelesen, bekundete der grüne Minister und Vizekanzler.
Mit der Einrichtung des Generalkonsulats richten sich Deutschland und Rußland auf die anstehende Osterweiterung der Europäischen Union ein; vom 1. Mai 2004 an grenzt das nördliche Ostdeutschland rundum an EU-Territorium. Der russische Gouverneur sieht die Region daher in einer "Schlüsselrolle", und auch Fischer sprach beim Treffen der beiden Politiker von einer "großen Chance, die wir gemeinsam nutzen sollten".
Eine solche Chance, über die Schatten der Vergangenheit hinweg Zukunft zu gestalten, wird sich schon im nächsten Jahr ergeben: Dann feiert Königsberg seinen 750. Geburtstag, was den heutigen Herren über die "Oblast Kaliningrad" Gelegenheit bietet, endlich überfällige Zeichen zu setzen. Zum Beispiel, indem sie der Stadt ihren jahrhundertealten ehrwürdigen Namen zurückgeben.
Wohl nicht ganz zufällig meldete sich genau am Todestag Kants die "Bürgerinitiative Pro Königsberg" zu Wort, eine Vereinigung russischer Bürger, die sich für eine unvoreingenommene Beschäftigung mit der deutschen Geschichte der Stadt engagiert. Gegenüber derverwiesen sie auf eine Erklärung des russischen Kulturministers Schwydkoj, der sich als erster Repräsentant der Moskauer Führung für eine Rückbenennung der Stadt in Königsberg ausgesprochen und in diesem Zusammenhang auch von der "barbarischen Behandlung der Stadt vor 60 Jahren" (also Ende des Zweiten Weltkriegs durch sowjetische Truppen) geredet habe.
Ein weiteres Indiz, daß sich die heutigen - russischen - Bewohner der deutschen Geschichte der Stadt zuwenden, ist wohl auch darin zu sehen, daß immer mehr junge Menschen "sich nicht von ungefähr für den Höhepunkt ihres Lebens, die Hochzeit, das Grabmal Kants als Treffpunkt aussuchen", wie der Präsident des Brandenburger Landtags, Knoblich, in seinem Grußwort an die Festversammlung der Aktion Freies Deutschland und derformulierte. Dieser Festakt in der bis auf den letzten Platz gefüllten Französischen Friedrichstadtkirche war geprägt von zwei herausragenden Vorträgen: Prof. Eberhard G. Schulz (Präsident der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat) sprach über "Voraussetzungen und Resultate der Philosophie Kants", Prof. Harald Seubert setzte sich mit dem Thema "Reine Vernunft und Sittengesetz - Kants Bedeutung für die Gegenwart" auseinander.
Generalkonsul in Königsberg: Cornelius Sommer vertritt künftig die Interessen der Bundesrepublik Deutschland in der Pregel-Metropole.
Ehrung für den größten Denker Deutschlands: Am 12. Februar 2004 jährte sich zum 200. Mal der Todestag Immanuel Kants. Die Bundesregierung nahm dies zum Anlaß, in Kants Heimatstadt Königsberg ein Generalkonsulat zu eröffnen - für Bundesaußenminister Fischer auch Gelegenheit, am Grabmal des Philosophen einen Kranz niederzulegen. |
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