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Alle zehren von ihm, Bücherschreiber und Theatermacher, Journalisten und Museumsleiter, nicht zu vergessen die über die ganze Wel verstreuten Goethe-Institute, die mit seinem Namen für deutsche Kultur werben sollen. A 25. August 1749 wurde Deutschlands größter Dichter geboren. Die Kulturhauptstadt Weima begeht aber noch einen zweiten Gedenktag, den 240. Geburtstag von Friedrich von Schiller Anlaß genug, sich mit dem Verhältnis der beiden Großen zueinander zu beschäftigen.
Als Schiller im Sommer des Jahres 1787 in Weimar eintraf, zählte der Ort an der Ilm ein Mittelding zwischen glänzender Residenzstadt und bescheidenem Bauerndorf, ganze 600 Einwohner. Herzog Carl August weilte gerade in den Niederlanden, und von den dre "Weimarischen Riesen" fehlte Goethe; er befand sich auf einer Italienreise. Die beiden anderen, Wieland und Herder, nahmen den mit hohen Erwartungen eintreffende Schiller wohlwollend auf. Christoph Martin Wieland, ein älterer Landsmann Schillers zeigte sich an einer näheren Bekanntschaft sehr interessiert. Wieland gab eine eigen Zeitschrift heraus, den vielgelesenen "Teutschen Merkur", der eine seh freundliche Besprechung des Schillerschen Dramas "Don Carlos" gebracht hatte Johann Gottfried Herder, erst vor wenigen Jahren von Goethe als Superintendent un Hofprediger nach Weimar geholt, arbeitete gerade an den "Ideen zu einer Philosophi der Geschichte der Menschheit"; der Ostpreuße stand im Zenit seiner Schaffenskraft.
Herder sprach von Goethe nur in Superlativen, dieser besitze "einen universale Verstand, das wahrste und innigste Gefühl, verbunden mit größter Reinheit de Geistes". Überall spürte Schiller das mächtige Wirken des Geheimrats auch noch au der Ferne. "Der Geist Goethens hat alle Menschen, die zu seinem Zirkel zählen gemodelt", schreibt er an Freund Körner.
Auf dem Weimarer Theaterplatz steht das von Ernst Rietschel geschaffene berühmt Goethe-Schiller-Denkmal. Doch so innig vereint wie das erzene Doppelstandbild die beide Dichter zeigt, liefen die ersten Begegnungen nicht ab. Lange mußte der Dichter de "Räuber" um den spröden Goethe werben, der erst nach dem frühen Tod de Gefährten höchste Lobesworte für ihn finden sollte.
Das Italienerlebnis hatte Goethe umgewandelt. Mißmutig war er in den kalten Norde zurückgekehrt, selbst die nächsten Freunde, Herzog Carl August und Charlotte von Stein vermochten ihn nicht aufzumuntern. In dieser Stimmung kam es am 7. September 1788 zu eine ersten Begegnung mit Schiller im Hause der Frau von Langenfeld im thüringische Rudolstadt. Der Jüngere hatte begierig auf diesen Augenblick gewartet. Freilich, die Gesellschaft war zu groß und alles auf seinen Umgang zu eifersüchtig, als daß etwa anderes als allgemeine Dinge zur Sprache kommen konnten. In einem ausführlichen Brief a Christian Gottfried Körner schreibt Schiller über den Geheimrat: "Seine Stimme is überaus angenehm, seine Erzählung fließend, geistvoll und belebt, man hört ihn mi überaus viel Vergnügen
Sein ganzes Wesen ist schon von Anfang her anders angeleg als das meine, seine Welt ist nicht die meinige, unsere Vorstellungsarten scheine wesentlich verschieden
" Zu gerne hätte Schiller etwas Anerkennende über sich gehört, aber er wollte sich nicht der Gefahr aussetzen, eine Abweisung zu erleben, außerdem verdroß es ihn, daß alle Menschen den Geheimrat umschwärmten.
Goethe hingegen behandelte den in seinen Kreis eingedrungenen jungen Kollege abweisend. Nicht nur, daß ihm dessen ungeregelte Lebensführung wenig paßte, er haßt auch das Tabakrauchen und bemängelte Schillers schwäbische Aussprache. Als ihm dann noc Schillers zurückhaltende Rezension des "Egmont" bekannt wurde, war er soga verärgert. Er wollte diesen Mann, dessen Werke ganz Deutschland begeisterten, am liebste loswerden und fand eine verblüffende Lösung. An der Universität Jena war der Lehrstuh für Geschichte frei geworden. In einer Denkschrift (Promemoria) an das Geheime Konziliu weist Goethe auf Schillers historische Schriften hin, besonders auf die kürzlic erschienene "Geschichte des Abfalls der Niederlande", die hoffen lassen, da der Dichter des "Don Carlos" auf die Studenten einen guten Einfluß habe würde.
Schillers Antrittsvorlesung im größten Hörsaal der Universität mit dem Them "Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte" wurde von de Studenten begeistert gefeiert. Er war nun zwar als Professor aus den gröbste Geldschwierigkeiten heraus, konnte endlich ans Heiraten denken, aber die Vorbereitunge für die Kollegs, neben den Tagesgeschäften, beanspruchten ihn doch so stark, daß sei eigentliches Metier, das Dichten, zurückstehen mußte. Hofrat v. Schiller (drei Jahre vo seinem Tod wurde er geadelt) hatte sich vorgenommen, den unnahbaren Goethe zu erobern.
Sein anfänglicher Groll hatte ihn dabei niemals die überragende Größe dieses Manne vergessen lassen. Zum dauernden Verständnis trug nicht wenig Schillers Gattin Charlotte geborene von Lengefeld bei, die Goethe von Kindheit auf kannte und schätzte.
Im Sommer des Jahres 1794 weilte Goethe häufiger, oft wochenlang in Jena, wo unte seiner Oberleitung der Herzogliche Botanische Garten entstand. Dem Geheimrat lage botanische und zoologische Untersuchungen sehr am Herzen. Vor einiger Zeit erst hatte e ein schmales Bändchen veröffentlicht: "Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären". Während einer Tagung der Naturforschenden Gesellschaft in Jena traf e mit Schiller zusammen, zufällig gingen beide gleichzeitig aus der Tür hinaus. Ei Gespräch knüpfte sich an. Mit Schillers verständiger Bemerkung, die Natur solle ma nicht so zerstückelt behandeln, war Goethes Interesse geweckt. Er stellte dem Jüngere sogleich die Metamorphose (Verwandlung) der Pflanzen vor: "Die Natur macht kein Sprünge, in sanftem Fluß geht alles ineinander über." Er schilderte Schiller sein "Urpflanze" als Erfahrung. Der schüttelte den Kopf, "das ist kein Erfahrung, das ist eine Idee". Goethe stutzte, "das kann mir sehr lieb sein daß ich Ideen habe, ohne es zu wissen, und sie sogar mit eigenen Augen sehe". Diese Gespräch über die Urpflanze begründete die sich anbahnende Freundschaft beider Männe und führte unter anderem zu dem berühmten Briefwechsel, der den elf Jahre andauernde Geistesbund begleitete.
Beide zogen aus der Freundschaft den größten Gewinn, Schiller schrieb de "Wallenstein", Goethe vollendete seinen Roman "Wilhelm Meister", e entstand die epische Dichtung "Hermann und Dorothea", und auch die Arbeit a "Faust" wurde wieder aufgenommen. Wenn Goethe in Jena weilte, pflegte e Schiller fast täglich zu besuchen. Damals erschienen in den Jahren 1795/97 "Di Horen", die bedeutendste Zeitschrift der Goethezeit. Schiller hatte zunächs versucht, seine literarische Monatsschrift bei Göschen herauszubringen. Als der nich wollte, konnte er Johann Friedrich Cotta als Herausgeber gewinnen, der bald zum ersten un "respektiertesten" Buchhändler Deutschlands aufstieg. Goethe hatte sein Mitarbeit an den "Horen" zugesagt.
Auch die gemeinsame Arbeit an dem von Schiller übernommenen Musen-Almanach, in welche 1796 die "Xenien" erschienen, eröffnete einen in geistiger Hinsich einzigartigen Gedankenaustausch, abzulesen in dem genannten Briefwechsel, den Goethe 182 selbst herausgab, der die Gemüter in deutschen Landen noch für viele Jahrzehnte bewegte Im Mittelpunkt stand immer wieder das Problem des "Schönen", die klassisch Ästhetik, deren Richtlinien ein für allemal von der Antike festgelegt worden waren. Die beiden Dioskuren konnten ihren Anspruch auf die geistige Führung in Deutschland mittel ihrer Werke belegen, vereint bildeten sie eine Macht, die auch allgemein anerkannt wurde.
Das gemeinsame Wirken Goethes und Schillers setzte sich fort mit der Wiedereröffnun des Weimarer Hoftheaters. Neben der Universität, der Bibliothek, der Zeichenschule, de Sammlungen alles Aufgaben, die der Herzog Goethe nach der Italienreise überlasse hatte stand auch das Hoftheater unter seiner Leitung. Das alte Weimarer Theater wa abgebrannt, Carl August ließ ein neues Komödien- und Redoutenhaus bauen, das mit de Erstaufführung von "Wallensteins Lager" am 12. Oktober neu eröffnete. Kur darauf folgten "Die Piccolomini" und "Wallensteins Tod". Der Herzo beglückwünschte Schiller nach der Aufführung in der Hofloge, er ermunterte ihn, nac Weimar zu ziehen.
Goethe hat die Theaterproben selber abgehalten. Er stellte das Repertoire zusammen suchte die Schauspieler aus, sogar ihre Haltung in den Rollen legte er genau fest. Wen nach seiner Auffassung das Publikum an der falschen Stelle lachte, erhob er sich un mahnte: "Man lache nicht." In ihrer Beliebtheit beim Publikum rangierten die Autoren Iffland und Kotzebue noch vor dem Weimarer Dichterpaar. August Wilhelm Ifflan prägte als Schauspieler, Theaterleiter und Bühnendichter das Theaterleben de Goethezeit, allein 31 seiner Stücke wurden unter Goethes Leitung in Weimar aufgeführt Aber auch die Werke Shakespeares bereicherten mit ihrer guten Charakteristik den Bestan an Schauspielen in deutschen Theatern.
Der Staatsminister und Geheimrat Goethe regierte also ziemlich willkürlich in seine kleinen Theater, nur einmal mußte er den kürzeren ziehen: Zum Ensemble des Weimare Hoftheaters gehörte auch die schöne Caroline Jagemann. Alles himmelte die hochbegabt Schauspielerin an. Der Herzog hatte ihr seine Gunst geschenkt, überhäufte sie mi Geschenken und erhob sie gar zur Frau von Heygendorf. Der Weimarer Theatergeschicht verhalf sie indes zu einer traurigen Berühmtheit. Die Jagemann gehörte nämlich zu de erbittertsten Gegnern Goethes, der ihretwegen 1817 die Leitung des Theaters niederlege mußte. Sie spielte ihre Beziehung zu Herzog Carl August aus, und der große Dichter, de im Verlaufe eines Vierteljahrhunderts das Weimarer Hoftheater zu einer der angesehenste Bühnen Deutschlands gemacht hatte, mußte sich empört geschlagen geben.
Goethes Leben ist eine Folge von Wandlungen, von Metamorphosen, durch die sich de menschliche Geist über die Materie erhebt. Er spricht von einem "Entwicklungsgeset der Natur", daß sich der Mensch zu immer reinerer und höherer Tätigkeit bis an Ende wandelt. Insofern der Mensch dieses Gesetz erfüllt, ist er eine "Form, die lebend sich entwickelt". Zu Johann Peter Eckermann ("Gespräche mi Goethe") sagte er: "Der Mensch soll an die Unsterblichkeit glauben, er hat daz ein Recht, es ist seiner Natur gemäß
Denn wenn ich bis an mein Ende rastlo wirke, so ist die Natur verpflichtet, mir eine andere Form des Daseins anzuweisen, wen die jetzige seinen Geist nicht ferner auszuhalten vermag."
Weimar ist zur Kulturhauptstadt Europas gekürt worden. Nicht nur Goethes und Schiller Geburtstag gilt es zu feiern, es jähren sich auch zum achtzigsten Male die Proklamatio der Weimarer Republik und die Gründung des Bauhauses. Der Fall der innerdeutschen Maue liegt gerade zehn Jahre zurück. Mehr als 600 Veranstaltungen sind in der heut 60 000 Einwohner zählenden Stadt an der Ilm vorgesehen, die drei bis fünf Millione Besucher erwartet. Man kann nur hoffen, daß die Klassik im Kulturhauptstadtjahr nicht vo zeitgeistigen Spektakel überwuchert wird
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