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Papier statt Münzen

 
     
 
Gerade mal vier Zentimeter beträgt der Durchmesser der Medaille und damit nicht mehr als die Breite zweier nebeneinander gelegter Zwei-Euro-Münzen, doch die Bedeutung der Medaille für die Entwicklung Preußens ist kaum in Worte zu fassen. Die Vorderseite der Medaille zeigt das Profil Napoleons. "Emp. et roi" (Kaiser und König) steht am Rand geschrieben. Die andere Seite zeigt das Brandenburger Tor
und da steht geschrieben: "Empereur entre a Berlin le XXVII Octobre MDCCCVI". Napoleon, Kaiser betrat Berlin am 27. Oktober 1806? Schicksalhaft für Preußen, schicksalhaft für seinen Herrscher, aber auch für seine Bewohner.

Diese Medaille erzählt Geschichte, doch sie ist nicht die einzige. In der Ausstellung "Staatsbankrott! Bankrotter Staat?" im "Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz" verdeutlichen 200 Exponate bis zum 28. Juni Besuchern die finanziellen, aber auch politischen Folgen des Sieges des französischen Kaisers über Preußen im Jahre 1806.

Nachdem Preußens König Friedrich Wilhelm III. und der damals noch mit ihm verbündete sächsische Kurfürst Friedrich August III. am 14. Oktober 1806 dem Franzosen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt unterlegen waren, besetzte Napoleon Berlin. Dem Preußenkönig und seinem Hof blieb nur die Flucht gen Osten. In Memel bezog der preußische Hof Quartier und suchte nach Wegen aus der verzweifelten Lage. Frieden mit Napoleon und Verzicht auf die an ihn verlorenen Gebiete? Erstmal hatten die Preußen keine große Wahl. Der Krieg hatte die Staatskasse geplündert und Schulden waren die Folge. Außerdem hatte sich das Herrschaftsgebiet halbiert, was zur Folge hatte, daß sich auch die Höhe der Steuereinnahmen dramatisch verringert hatte.

Das wohl historisch bedeutendste Exponat der Berliner Ausstellung zeigt den in blauen Samt eingeschlagenen und mit einem bekrönten "N" (für Napoleon I.) versehenen Tilsiter Friedensvertrag. Aber auch schriftlich erhaltene Befehle und Gesetzestexte, Karikaturen sowie Medaillen, Geldscheine und militärische Auszeichnungen, wie zum Beispiel das nach Vorgaben Friedrich Wilhelm III. von Karl Friedrich Schinkel entworfene Eiserne Kreuz, sind in der Ausstellung zu bewundern.

Die Lage Preußens war bedrückend. Wie sehr, darauf lassen auch die ausgestellten Geldscheine schließen. Durch die Ausgabe von Papiergeld, Aufnahme von Anleihen im In- und Ausland sowie durch eine Vielzahl neuer Steuern versuchte die angeschlagene königliche Regierung ihre Finanzierung zu sichern.

Für viele Preußen waren Banknoten allerdings etwas absolut Befremdendes, da sie in ihren Augen keinen wirklichen Wert hatten. Hier arbeitete die preußische Regierung mit Zwang, indem sie Beamte und Handwerker nur noch damit bezahlte und ihnen keine Wahl ließ. Trotzdem hatten die Papierscheine keinen durchschlagenden Erfolg. Nach den Befreiungskriegen 1813 bis 1815 wurde das ungeliebte Geld wieder in kurante Taler umgetauscht. Heute sind diese im Kupfertiefdruck hergestellten, mit kompliziertem Muster versehenen Originalscheine bei Sammlern begehrte Raritäten.

Da Preußen von seinen Bürgern im Rahmen seiner finanziellen Notlage viele Opfer abverlangt hatte, mußte es als Gegenleistung Reformen versprechen. Diese jedoch wurden nur zögerlich eingelöst, doch Männer wie Reichsfreiherr vom und zum Stein und Fürst Hardenberg modernisierten Preußen. Doch bei allem Guten und auch Beispielgebenden der Stein-Hardenbergschen Reformen wurde ein in Notzeiten getätigtes Versprechen des Preußenkönigs nicht eingelöst: eine eigene Verfassung.

Spannend an der Ausstellung ist vor allem die hier vertretene Theorie, daß die weitsichtigen Reformen letztendlich nur eine erzwungene Folge von Preußens Staatsbankrott im Rahmen des verlorenen Krieges gegen Kaiser Napoleon I. waren.

"Staatsbankrott! Bankrotter Staat? - Finanzreform und gesellschaftlicher Wandel in Preußen nach 1806", Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, bis 28. Juni in der Kunstbibliothek am Kulturforum Potsdamer Platz, Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 10 bis 20 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr. Der Eintritt ist frei. Informationen: Telefon (0 30) 8 39 01-00.
 
     
     
 
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