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Zur Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert

 
     
 
Die vor 44 Jahren von den Heimatkreisen Elbing-Stadt und Elbing-Land gegründete TRUSO-Vereinigung ist im Rahmen der Elbinger Heimatarbeit für den kulturellen Bereich zuständig. Sie besitzt eine beachtliche Historische Elbing-Sammlung/TRUSO-Archiv in Bremerhaven und Münster, gibt Publikationen heraus und zeigt sowohl historische als auch andere Ausstellungen. Zur Heimatstadt Elbing unterhält die TRUSO-Vereinigung vielfältige Beziehungen, insbesondere zu kulturellen Einrichtungen und zum polnischen Stadtpräsidenten.

Auf Einladung des polnischen Stadtmuseum
s, das sich in zwei Gebäuden auf dem ehemaligen Vorburggelände befindet, wird seit Ende Juni bis zum 30. September die Ausstellung „Elbing 1901-1945. Zur Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert“ gezeigt. Die Einladung durch den polnischen Museumsdirektor Kazimir Arbart, zu diesem zeitgeschichtlichen Thema eine Ausstellung im Elbinger Museum zu präsentieren, zeigt, wie eng die Kontakte inzwischen geworden sind. Es ist sicherlich einfacher, in einer Ausstellung in der Heimat schöne - historische oder moderne - Künstlerarbeiten zu zeigen als Objekte zur Stadtgeschichte aus dem 20. Jahrhundert. Daher war die Einladung an die TRUSO-Vereinigung sowohl ein Vertrauensbeweis als auch für die Vereinigung selbst eine Herausforderung. Zu einer Ausstellung gehören aussagekräftige Exponate, ohne sie ist eine Ausstellung nicht möglich. Geschichtsabläufe in einem Buch darzulegen, Ereignisse schriftlich und auch kritisch zu würdigen, ist sehr viel bequemer, als dieses für das Auge des Besuchers zu dokumentieren. So war die Einladung nach Elbing auch mit einem Risiko verbunden, das die TRUSO-Vereinigung gesehen hat, aber freudig und verantwortungsbewußt einging.

In den ersten 45 Jahren des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl der Stadt Elbing von 53.000 bis zum Januar 1945 auf genau 100.000 an. Diese Zahlen belegen, wie stark die Stadt gewachsen ist, und lassen ahnen, welche Probleme damit verbunden waren. Aus der Handelsstadt war im 19. Jahrhundert eine Industriestadt geworden. Industrielle Unternehmen wie die Schichau-Werft, der Automobilbau von Komnick und später Büssing wie auch die Weltfirma Loeser & Wolff vergrößerten sich in einem rasanten Tempo neben vielen anderen kleineren, aber dennoch bedeutenden Produktionsstätten. In diesen 45 Jahren fanden auch zwei Weltkriege mit verheerenden Folgen für die Wirtschaftskraft der Stadt statt, und drei ganz unterschiedliche politische Systeme bestimmten nacheinander das Leben des Menschen: von der Kaiserzeit über die Weimarer Republik zum NS-Staat.

Von 1901 bis 1945 wurde in Elbing sehr viel gebaut. Dabei handelte es sich um öffentliche Bauten wie Schulen und Verwaltungshäuser, um Kirchen, Gewerbe- und Fabrikhäuser, um ein Krankenhaus sowie um Sportanlagen. Sehr viele Wohnungen, von der Mietwohnung in großen Wohnblöcken über das Siedlungshaus am Stadtrand, und andere ansprechende Ein- oder Zweifamilienhäuser wurden errichtet. Es wuchs nicht nur die Einwohnerzahl. Durch Eingemeindungen wurde auch die Stadtfläche mehrmals vergrößert, es entstanden neue Stadtteile. Dies alles wurde versucht mit Hilfe von 100 Exponaten zu dokumentieren. Das gesellschaftliche Leben wurde dabei nicht ausgeklammert. Die Ausstellung erinnert an den Gesang in der alten Stadt, wie er von Gesangvereinen gepflegt wurde, an Theater und Konzerte, an den Sport auf dem grünen Rasen und auf dem Wasser. Aus der Ordens- und Hansestadt war nicht nur eine Industrie-, sondern auch eine Soldatenstadt geworden, was die Ausstellung vermittelt. Zu den Höhepunkten in den ersten 45 Jahren des 20. Jahrhunderts gehörten nicht nur Erfolge der Industrie. Ein Beispiel ist die Errichtung der Pädagogischen Akademie vor 75 Jahren als erste neue Lehrerbildungsinstitution im Freistaat Preußen. Ein besonderer Höhepunkt war die Festwoche anläßlich des 700jährigen Stadtjubiläums 1937. Zu den Tiefpunkten zählten die hohe Arbeitslosigkeit von 1930 bis 1932 und schließlich die Zerstörung der Stadt 1945, die eine Luftaufnahme vom 23. Februar 1945 dokumentiert.

Mit Modellen wie beispielsweise von der 1911 erbauten Heinrich-von-Plauen-Schule, die nach 1945 Rathaus der Stadt wurde, oder einer Güterzuglokomotive von Schichau, mit Gemälden, Grafiken und auch Siegestrophäen vom Rudersport führt die Ausstellung durch die 45 bewegten Jahre. Der aufmerksame Besucher wird sogar mit der früheren Stadtwerbung bekanntgemacht und staunt, was sich die damals für den Tourismus in Elbing Verantwortlichen alles ausgedacht haben. Man könnte 2001 daraus lernen.

Einige wenige Elbinger Schiffe überstanden die Kriegswirren von 1945, nachdem sie zuvor bei der Rettungsaktion über die Ostsee erfolgreich beteiligt waren. Dazu gehört auch der kleine Ausflugsdampfer SS Möwe, der 1908 für die Tochter Ferdinand Schichaus als Privatyacht gebaut worden war. Der Salondampfer erreichte, mit rund 1.000 Menschen völlig überladen, am 10. Mai 1945 Dänemark. Übriggeblieben ist der Bugschmuck mit dem Wappen der Stadt. Er ziert die Ausstellung in der Heimat.

Die Ausstellung wurde in Gegenwart vieler Gäste eröffnet. Auch 40 echte Elbinger, die heute im kleiner gewordenen Deutschland, in der Schweiz und in Amerika leben, waren dabei. Museumsdirektor Kazimir Arbart begrüßte die Zusammenarbeit mit der TRUSO-Ver-

einigung und betonte, wie sehr er mit der Ausstellung zufrieden ist. Ähnliches konnte der Vorsitzende der TRUSO-Vereinigung, Museumsdirektor a. D. Hans-Jürgen Schuch, erwidern. Gleichzeitig regte er an, auf diesem Wege fortzufahren, und nannte mehrere mögliche Ausstellungsthemen, die in der Zukunft mit dem alten Elbing bis 1945 bekanntmachen könnten und sollten. Die Elbinger Presse, das regionale Fernsehen und der Rundfunk berichteten über die Ausstellung. Auch im Internet ist sie mit einem polnischen Text vertreten. Alle Exponate wurden zweisprachig - polnisch und deutsch - beschriftet und erklärt. Es erschien ein 40 Seiten umfassender zweisprachiger Katalog. Das polnische Stadtmuseum wird in hoffentlich absehbarer Zeit die folgenden 55 Jahre bis zum Jahr 2000 des 20. Jahrhunderts in einer eigenen Ausstellung am selben Ort vorstellen. Ursprünglich sollten beide Teile parallel präsentiert werden, was aus verschiedenen technischen und finanziellen Gründen leider nicht gelang. Hermann Pangritz

 

Foto-Text: Elbing 1937: Der in der See- und Hansestadt zu bewundernde Druck aus dem Jahre 1944 zeigt die Stadt im Jubiläumsjahr mit dem Hermann-Balk-Ufer, genannt Fischbrücke, der Schiffahrt auf dem Elbingfluß und der Altstädtischen Pfarrkirche St. Nikolai. Foto: Ausstellungskatalog

 
     
     
 
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