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Kuschen vor Rot-China

 
     
 
China, das "Reich der Mitte", besitzt augenscheinlich weitreichende Mittel, um seinem kaum noch versteckten Machtanspruch Nachdruck zu verleihen. Sei es in Afrika, wo es in neokolonialer Manier auf Einkaufstour geht und für die Sicherung von Rohstoffquellen auch mit Ländern wie dem Sudan paktiert, wo sich ein staatlich sanktionierter Völkermord vollzieht. Sei es in den USA, wo chinesische Raubkopien von Hollywood-Straßenfegern einen immensen finanziellen Schaden verursachen. Einer Studie von 2006 zufolge haben die illegale
n Kopien aus China der Filmindustrie insgesamt einen Verlust in Höhe von über zwei Milliarden Euro (2,7 Milliarden US-Dollar) beschert. In allen Branchen wird der illegale Umsatz mit einem Volumen von rund 270 Milliarden Euro veranschlagt.

Auf den mit Produktpiraterie verbundenen Schaden und die damit einhergehende Vernichtung von Arbeitsplätzen wies am Freitag vergangener Woche Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) in Frankfurt am Main hin. Auch und besonders deutsche Firmen sind Leidtragende der Piraterie, wobei die chinesischen Aktivitäten mit besonderem Groll verfolgt werden. Während der Verleihung des Negativ-Preises "Plagiarius", mit dem die dreistesten Nachahmerprodukte bedacht werden, verwies sie auf den kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf, der die Anstrengungen im Kampf gegen Plagiate unterstützen soll. Wie wichtig dieser Kampf ist, unterstrich in Frankfurt der Designer Rido Busse aus Ulm; Busse ist Initiator des "Plagiarius". Für ihn ist Markenpiraterie "eine der schwersten Formen der Wirtschaftskriminalität im 21. Jahrhundert". Als hauptsächlichen Verursacher für den "Ursprung von Produkten", deren "Vermarktung in der Praxis nicht im Einklang mit internationalen Regeln steht", hat Zypries China und "vergleichbare aufstrebende Länder" ausgemacht.

Aktuelles Beispiel hierfür ist der chinesische Autohersteller "Zonda". Dieser produziert einen Bus, der genauso aussieht wie das neue Modell "Starliner" der Münchner MAN-Tochterfirma "Neoplan". Kaum hatte MAN seinen "Starliner" 2004 auf einer Messe in Hannover vorgestellt, war im März 2005 in Shanghai bereits die Kopie aufgetaucht. Dabei scheinen die Plagiatoren von "Zonda" die Justiz nicht fürchten zu müssen. Eine Klage wurde erst "am 26. September angenommen - seitdem haben wir aber nichts mehr gehört", verrät MAN-Pressesprecher Detlef Hug.

Statt dessen hat der Berliner Ron Hillmann Besuch aus China bekommen - vertreten durch einen Rechtspfleger des Amtsgerichts Mitte in Berlin. Dieser überbrachte Hillmann, der die Internetseite "Autoregional.de" betreibt, eine Vorladung vor das "Gericht mittlerer Ebene der Stadt Yancheng in der Provinz Jiangsu". Dahinter steckt die Autogruppe "Zonda", die Hillmann verklagt hat. Sie fordert von dem Berliner allen Ernstes eine öffentliche Entschuldigung, finanzielle Wiedergutmachung und eine Unterlassungserklärung. Der Grund: Hillmann hatte den Vorgang der Produktpiraterie auf einer Meldung von "Spiegel Online" entdeckt und mit folgendem Satz auf seiner privaten Netzseite (Blogg) kommentiert: "Wie schnell und skrupellos die Chinesen im Kopieren sind, zeigt dieses Beispiel." Der Anwalt Hillmanns, Alexander Graf von Kalckreuth, wertet die chinesische Klage als den Versuch, die Berichterstattung in Deutschland von China aus zu zensieren.

Wie stark die chinesische Zensur hierzulande bereits vorgedrungen ist, zeigt sich aktuell auf der 57. Berlinale. Sie beginnt mit dem chinesischen Wettbewerbsfilm "Lost in Beijing". Der Streifen des Regisseurs Li Yus darf nur in zensierter Fassung gezeigt werden. Fünf Szenen hatte er wegen des angeblich negativen Peking-Bilds ändern müssen. Nach Angaben des Produzenten betraf dies "alle Szenen vom Tiananmen-Platz (...), die Nationalflagge und dreckige Straßen". Der vielsagende Kommentar der Berlinale-Leitung: "Wir zeigen den Film, den wir bekommen." Die taiwanesische Vertretung in Berlin vermutet hingegen, daß die Berlinale das Programm so ausrichtet, wie es die Volksrepublik China wünscht. So wird - ein Vorgang, der in Cannes oder Venedig undenkbar wäre - der Inselstaat unter der Länderbezeichnung "Taiwan, China" geführt, obwohl die VR China "auf Taiwan niemals hoheitliche Rechte besessen oder ausgeübt hat", wie die Repräsentanten Taiwans betonen. Die Zuordnung, so heißt es weiter, sei "nicht nur falsch, sondern in einem hohem Grade beleidigend". In der "offenen Gesellschaft Taiwans", würden "die Meinungs- und Pressefreiheit" praktiziert. Die Filmindustrie arbeite "ohne die Last staatlicher Vorgaben oder Zensur" - wie im hofierten Rot-China.

Ein Kommentar der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) sieht in dem Verhalten der Berlinale-Organisatoren einen "vielerorts verinnerlichten Kotau vor der Wirtschaftsmacht China". Die Servilität der deutschen Seite überrascht dabei nicht wirklich: So hatte im vergangenen Jahr im noblen Hotel "Adlon" am Brandenburger Tor ein Empfang deutscher und chinesischer Interessenverbände stattgefunden. Ein dort vor das Podium gespanntes Edeltransparent mit der Aufschrift "Deutsch-Chinesische Zusammenarbeit" hatte seinerzeit - kurz vor Veranstaltungsbeginn - für einen Eklat gesorgt. Die chinesische Seite war aufgebracht, weil nicht von "Chinesisch-Deutscher Zusammenarbeit" darauf die Rede war. In der Folge wurden die Länderbezeichnungen ausgeschnitten, um sie nach chinesischer Forderung zu tauschen. Doch nun war das Tuch kaputt, und die Schusterei machte einen läppischen Eindruck. Schließlich fand die Veranstaltung ohne das zerstörte Banner statt.

Foto: Zensur auf der Berlinale: Der Film "Lost in Beijing" wurde auf chinesischen Druck hin von allzu "negat
 
     
     
 
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