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Wer in der DDR-Diktatur aus politischen Gründen inhaftiert war oder nach 1945 in die Sowjetunion verschleppt wurde, erhält bald eine Opferrente. Das beschlossen die Fraktionen von SPD und CDU auf einer Klausur in Werder. Entscheidender Schönheitsfehler der Entschädigung im Rahmen des dritten SED-Unrechts-Bereinigungsgesetzes ist jedoch, daß nur "Bedürftige" in den Genuß der monatlich maximal 250 Euro umfassenden Zahlung kommen.
Ronald Lässig, Pressesprecher der "Vereinigung der ehemaligen politischen Häftlinge - Opfer des Stalinismus e. V." (VOS) sagt zu der geplanten Rente: "In einer Zeit, in der sich ehemalige Stasi-Mitarbeiter höhere Renten vor Gericht erklagen, ist es nur recht und billig, daß deren Opfern eine finanzielle Entschädigung zuteil wird."
Tatsächlich fällt die Opferrente bescheiden aus. Zirka 6000 bedürftige Empfänger wird es geben, schätzen Regierungskreise. Selbst zurückhaltende wissenschaftliche Schätzungen gehen von 150000 politischen Häftlingen der DDR aus, rund 70000 leben noch. Nur ein Bruchteil der politischen DDR-Häftlinge sowie der noch mal Hunderttausende zählenden Deportierten des real existierenden Sozialismus profitiert demnach von der Neuregelung. 16 Jahre hat die Bundesrepublik gebraucht, eine Rente für Kommunismus-Opfer zu beschließen. Abgesehen von den Deportierten wird nur an Opfer gezahlt, die zu DDR-Zeiten mindestens sechs Monate aus politischen Gründen inhaftiert waren. Der Betrag wird zudem nur gewährt, wenn die Betroffenen "bedürftig" sind. Diese Festlegung richtet sich - so sieht es das Eckpunktepapier vor - nach dem Sozialgesetzbuch. Konkret ist es das zweite Buch des Sozialgesetzbuches, das sonst die Grundsicherung für Arbeitslose regelt.
Eine pauschale, symbolische Anerkennung - nichts anderes vermag eine Opferrente zu leisten - wird somit ausdrücklich nicht gewährt. Nur wer ohnehin auf dem Niveau eines Arbeitslosen zu leben hat - womöglich wegen der Folgen jahrelanger Haft - kann sich Hoffnung auf die Überweisungen machen. Zu Hartz IV kommt dann eine Opferrente hinzu.
Konkret liegt die Grenze bei derzeit 1035 Euro monatlich für Ledige und 1380 Euro monatlich für Verheiratete. Wer mehr verdient, muß zumindest mit Abzügen rechnen. Übersteigt das monatliche Einkommen eines potentiellen Empfängers diese Grenzbeträge um weniger als 250 Euro, so wird die Differenz zu den 250 ausbezahlt. Längere Haftzeiten führen nicht zu höherer Opferrente. Der Schritt der Großen Koalition bleibt eingeschränkte Symbolpolitik.
Auch eine andere Formulierung des Entwurfes klingt für die Betroffenen wenig glaubwürdig. Es ist die Zusage, die Regelung orientiere sich an den Ansprüchen, die auch für andere Opfergruppen gelten. Daß diese oft schon vor Jahren entschädigt wurden, lange schon eine Rente für erlittenes Unrecht erhalten, während die Benachteiligten und Entrechteten der DDR-Diktatur noch um ihre Rehabilitierung kämpfen mußten, verschleiert das Papier.
1,64 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter des NS-Regimes erhielten Entschädigungen der dafür eigens eingerichteten Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft". Allein für diese Gruppe stehen insgesamt 5,1 Milliarden Euro für Entschädigungen zur Verfügung, die größtenteils ausbezahlt sind. Dagegen ist jetzt für die Sowjet- und DDR-Opfer nur eine Millionensumme vorgesehen. Auch erhielten NS-Berufsverfolgte Kapitalentschädigung, im NS-Regime verfolgte Schüler eine Wiedereinstellungsgarantie - nichts Vergleichbares existiert für DDR-Opfer oder in die Sowjetunion Deportierte.
Daß nur an Bedürftige gezahlt werde, habe eben mit der Gleichbehandlung auch gegenüber NS-Opfern zu tun, rechtfertigte sich CDU-Politiker Arnold Vaatz. Schüler, die vom SED-Regime um ihre Ausbildung gebracht wurden, seien nur deshalb nicht berücksichtigt worden, weil sie nicht in das Entschädigungssystem paßten.
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