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An den jeweiligen politischen Flügeln links wie rechts gibt es eine gar nicht so kleine Fraktion der Verschwörungssüchtigen. Hinter allem und jedem wittern sie die Verschwörung irgendwelcher teils unbestimmbarer, teils auch ganz konkret benannter Mächte.
Was auf der einen Seite die Weisen von Zion sind, die - offensichtlich mit alles andere überragender Intelligenz ausgestattet - von langer Hand die Geschicke der Welt lenken, sind auf der anderen Nazis, Faschisten und Militaristen, die aus jeder Ecke spähen und sich in gefährlichster Weise getarnt haben, woraus sich erklärt, daß andere Menschen sie nicht sehen.
Daß jeder Hinweis auf Verschwörungen einen einigermaßen ernst zu nehmenden Anstrich hat, mag auf die Nürnberg er Kriegsverbrecherprozesse zurück-zuführen sein. Bis dahin war der Begriff der Verschwörung etwas für Opernbühnen, auf denen sich Bösewichte gegen irgendwelche Lichtgestalten verschwören oder für das kriminelle Milieu, in dem Räuberbanden sich zu finsterem Tun verabredeten.
Die Sieger aber fanden 1945 heraus, daß man sich in Deutschland - insbesondere in dem zwangsweise von ihnen aufgelösten Preußen -verschworen hatte, um Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen, um Angriffskriege zu führen, andere Völker zu unterjochen, kurz - die Welt zu erobern. So kommt denn auch der Begriff der Verschwörung immer wieder im Nürnberger Urteil und seiner Begründung vor, und zwar ganz ernst gemeint. Und er lebt immer noch. Während die Verschwörung von Freimaurern, Jesuiten und anderen überstaatlichen Mächten kaum noch ernst genommen wird, wuchert der Verschwörerwahn bei den Linken um so mehr.
So erfährt man gerade jetzt angesichts des Angriffskrieges der USA gegen einen arabischen Staat und staunt darüber nicht schlecht, daß der deutsche Militarismus in Gestalt der Bundeswehrgeneralität an die Macht drängt.
Man ist überrascht, weiß doch jeder nüchterne Betrachter, daß wohl noch nie eine bewaffnete Macht in Deutschland politisch so ohnmächtig war wie die Bundeswehr. Man kann der Bundeswehr alles zumuten - die Generalität pariert. Wird von Staats wegen sanktioniert, daß man Soldaten als Mörder bezeichnen darf, geschieht außer ein paar schwächlichen Protesten von seiten eines Verteidigungsministers nichts. Schickt man die Soldaten in alle Winkel der Welt, egal ob in deutschem Interesse oder nicht, die Einheiten setzen sich in Bewegung wie seinerzeit die nach Nordamerika verkauften Kontingente hessischer Söldner.
Rüstet man sie immer schlechter aus und überfordert sie ganz of-fenkundig, dann macht höchstens der Bundeswehrverband den Mund auf, um sogleich wieder zu verstummen, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Die Generäle schlagen die Gummiabsätze ih- rer Kampfstiefel zusammen und schicken ihre Soldaten an den Hindukusch oder ans Horn von Afrika, wo angeblich die Heimat verteidigt wird. Das ist das realistische Bild, wenn es um den politischen Einfluß der Bundeswehr, vor allem ihrer Führung, geht. Und was machen daraus die linken Spinner, etwa die von der "Informationsstelle Militarisierung" (IMI), so eine Art Vordenkerfabrik der sogenannten Friedensbewegung?
Da findet man im Internet ein Grundsatzpapier dieser Informationsstelle mit der Überschrift "Militärpolitik der Generalität setzt sich durch: Abschied vom Primat der Politik". Ein Ulrich Sander hat Grundlegendes formuliert, ein Autor, der auch gern für die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (WN) schreibt, jener Organisation, von der man glaubte, daß mit dem Ende der DDR und damit ihrer Geldquelle auch deren Ende gekommen sei. Aber sie lebt noch, und man kann nur vermuten, woher jetzt ihre offenbar erheblichen Finanzmittel kommen. Ulrich Sander hat herausbekommen, daß in heimtückischer Art die Generäle der Bundeswehr Hand in Hand mit den Arbeitgeberverbänden (!) die Bundesrepublik Deutschland kriegsbereit machen und ihre Kriegsführungsfähigkeit herbeiführen wollen, um dann "zum Krieg der Deutschen selbst" zu schreiten. Und weder die offenbar etwas tumbe Bundesregierung noch die übrige deutsche Öffentlichkeit hat bemerkt, daß sich damit der deutsche Militarismus "wieder einmal anschickt, den Primat der Politik zugunsten des Primats des Militärs zu beseitigen".
Und warum tun die bösen Offiziere das? Die Antwort gibt der VVN-Friedenskämpfer Sander selbst: Teils wollen sie damit "ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Uniformierte" initiieren, haben aber auch weiterführende Ziele: "Deutschland soll wieder eine offensive und interventionistische Militärmacht werden, um seine Interessen weltweit durchzusetzen."
Begründet werden die alarmierenden Aussagen beispielsweise mit der Äußerung des Ex-Verteidigungsministers Scharping, der einmal von "deutschen Eigeninteressen" gesprochen hat, und das ist nach Meinung der Linksextremen a priori verboten. Wenn der damalige Generalinspekteur Wellershoff am 11. März 1991 gesagt hat: "Wir ernten jetzt die Früchte des Dienstes unserer Vorgänger", und dann gleich erklärt, was er damit meint, nämlich "aller Soldaten der Bundeswehr und unserer Verbündeten", dann ist das für VVN-Sander die Bemühung, "die Schande des 8. Mai 1945 wettzumachen". Und was sie wirklich schmerzt, diese Linkesten aller Linken, ist offenbar die Wiedervereinigung, die für sie stets "der Anschluß der DDR" ist. Von der Stunde, in der durch den "Anschluß" ein neues "Großdeutschland" entstanden ist, erhob in Deutschland der "Imperialismus und Militarismus" erneut sein Haupt. Tatsächlich entblödet sich der Autor dieses Grundsatzartikels der "Informationsstelle Militarisierung" nicht, den Einsatz der Bundeswehr gleichzusetzen mit der Erringung von Kolonien durch die europäischen Mächte im 19. Jahrhundert. Er hat die Brutstätte des deutschen "Militarismus und Imperialismus" ausgemacht. Es ist die der Öffentlichkeit weithin unbekannte Clausewitz-Gesellschaft. Von dort sei die in "einer beispiellosen Anmaßung vorgetragene ... politische Offensive der Generäle" ausgegangen. Dieser "elitäre Kreis" habe die "gleichberechtigte Partnerschaft" der Bundesrepublik Deutsch- land mit den USA im Bündnis gefordert, und das Bundeskabinett habe diese Unverfrorenheit lediglich "zur Kenntnis genommen". Sie habe dann den "zunächst illegalen deutschen Generalstab" eingerichtet, den sie aus Tarnungsgründen "Einsatzführungskommando" nennt.
Da wollen die Linken gefunden haben, daß die Sicherheitspolitik in Deutschland auch dazu dienen soll, die Flüchtlingsströme aus dem Ausland abzuwehren und dabei gleichzeitig nach den Rohstoff- und Handelswegen in aller Welt zu greifen. Sie behaupten, der deutsche Rüstungsetat wächst, was er bedauerlicherweise nicht tut, was dann unsere Soldaten auszubaden haben. Daß angeblich "mehrere Manager", deren Namen vorsichtshalber nicht genannt werden, gesagt haben sollen, in Deutschland solle ein "neues Geschichtsbild" herrschen, in dem "Auschwitz und Holocaust nicht länger gegen das Selbstbewußtsein der Deutschen instrumentalisiert werden", treibt den Linken vor Wut den Schaum vor den Mund.
Daß der damalige kurzfristige Verteidigungsminister Scholz im September 1991 auf einem Symposium gesagt haben soll, anstelle der Bedrohung aus dem Osten müßten jetzt "Nation und Vaterland" und die deutsche Souveränität als Begründung für die Bundeswehr treten, veranlaßt die Linken zu der Überlegung, ob es nicht angeraten sei, daß die Uno gegen Deutschland die Feindstaatenklausel in Kraft setzt, die da besagt, die übrigen Mitglieder der Uno hätten das Recht, gegen jeden Staat, der während des Zweiten Weltkrieges ihr Feind war, ohne Ermächtigung des Uno-Sicherheitsrates Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung neuer Aggressionen zu ergreifen. Gerhard Schröder aber ist in den Augen der Linken ein besonders schlimmer Militarist. Er habe "die Lektion der Generäle gelernt". Und die fordern immer wieder - "und da gibt es keinen Anklang mehr an Defensives und Menschenrechtliches" - vor allem das eine: "Besinnung auf eigene Interessen - und militärische Durchsetzung dieser Interessen." Liest man solche Deutungen des Weltgeschehens, glaubt man, man lebe in einem anderen Staat, ja, in einer anderen Welt.
Wirtschaftskooperation: Regierung und Rüstungsagentur verhandeln, wie hier Helmut Werner und Gerhard Schröder, medienöffentlich. |
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