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Zwangs- und Fremdarbeiter:

 
     
 
Kaum hatte die Bundesregierung unter internationalem Druck erneut ihren Anteil an der aufzubringenden Entschädigungssumme für ausländische Fremdarbeiter (die in Wahrheit der Anteil der Steuerzahler ist) erhöht, und kaum hatten daraufhin die Medien gejubelt, nun sei der "historische Tag" der Einigung gekommen, da ging der Streit von neuem los. Anwälte verlangten, auf die von deutscher Seite zugestandenen zehn Milliarden
DM müßten ihre Honorare aufgeschlagen werden, während deutsche Verhandlungsführer davon ausgegangen waren, daß die verlangten keineswegs bescheidenen Honorare im Gesamtbetrag enthalten waren.

Dann forderte der in Deutschland lebende Anwalt der Zwangsarbeiter, Michael Witti, gemeinsam mit dem American Jewish Committee, bereits früher erfolgte Zahlungen für in Deutschland erlittenes Unrecht dürften nicht auf die erneut erstrittenen Entschädigungen angerechnet werden. Damit wurde öffentlich zugegeben, daß bereits in nicht unerheblicher Höhe Wiedergutmachungszahlungen geleistet wurden. Witti und die jüdische Organisation drohten, das Abkommen platzen zu lassen, wenn die deutsche Seite nicht bereit sei, doppelte Wiedergutmachung zu zahlen. Angesichts dieser Praxis dürfte es nicht ausgeschlossen sein, daß demnächst unter neuen Vorwänden zum dritten Mal Entschädigungen erpreßt werden könnten. Denn – wenn in der Vergangenheit bereits geleistete Zahlungen jetzt einfach unter den Tisch fallen, dann könnten auch die jetzt ausgehandelten Fonds-Milliarden bald vergessen sein. Wer dann angesichts einer dritten oder vierten Wiedergutmachungskampagne auf die deutschen Zahlungen des Jahres 2000 verweist, könnte ebenso der "Unmoral" gegenüber den Opfern geziehen werden wie heute.

Tatsächlich konnte man noch im Februar 1999 in deutschen Zeitungen lesen, wie bereits früher in erheblichem Umfang deutsche Entschädigungszahlungen ausgeschüttet worden waren. So veröffentlichten am 17. Februar 1999 viele Zeitungen eine Meldung der US-Nachrichtenagentur "Associated Press" (AP), in der es hieß: "Von der Bundesrepublik konnten ehemalige Zwangsarbeiter nach mehreren Gesetzen Entschädigungen erhalten. So wurden nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Opfer der NS-Verfolgung mehr als 72 Milliarden Mark ausbezahlt, ein Teil davon auch an jüdische Zwangsarbeiter. Andere erhielten Zahlungen nach dem allgemeinen Kriegsfolgegesetz. Aufgrund von Wiedergutmachungsverträgen mit Polen, Rußland, Weißrußland und der Ukraine wurden in diesen Ländern Stiftungen eingerichtet, in die Deutschland 3,5 Milliarden Mark einzahlte. Auf die konkrete Verwendung dieses Geldes hat die Bundesregierung aber keinen Einfluß." Der letzte Satz umschreibt die zurückhaltend formulierte Tatsache, daß die Gelder nie die Fremdarbeiter und andere dafür vorgesehene Opfer erreichten, sondern im Ausland in dunklen Kanälen versickerten.

Am selben Tag verbreitete die französische Nachrichtenagentur "Agence France-Presse" (AFP), daß Bundeskanzler Schröder angesichts der bereits geleisteten Wiedergutmachungen staatliche Zahlungen an den von der Wirtschaft gegründeten Fonds "kategorisch ausschloß". (Inzwischen hat die Bundesregierung allerdings fünf Milliarden Steuergelder bewilligt.) Er stellte sich sogar vor elf Monaten schützend vor die deutschen Unternehmen mit den markigen Worten, die Unternehmen hätten "sich ihrer Verantwortung immer gestellt" und müßten geschützt werden gegen "Kampagnen", die den Ruf deutscher Firmen und des Landes beschädigen könnten. Was man von solchen eindrucksvollen Worten halten kann, zeigten die folgenden Monate:

Jetzt beteiligten sich Vertreter der Regierungsparteien an solchen "Kampagnen", die den Ruf deutscher Firmen und des Landes schädigen. Der ehemalige Bundesminister und SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel drohte Firmen, die nicht "freiwillig" in den Entschädigungsfonds einzahlen, den Boykott an. Die Sprecherinnen der Grünen, Röstel und Radcke, schrieben 257 deutschen Firmen einen Brief, den selbst das "Hamburger Abendblatt" als "rüde" bezeichnete, in dem sie sich kritiklos die Argumente der amerikanischen Seite zu eigen machten und die Unternehmen in einer Form zur weiteren Entschädigungszahlung aufforderten, die man nur als erpresserisch deuten kann.

Wie es mit den Zahlungen weitergeht, ist zur Zeit unklar. Vielleicht öffnet sich ja noch die Möglichkeit weg von pauschalen erpreßten Zahlungen hin zu individuellen Leistungen direkt an wirkliche Opfer, die noch keine Entschädigung erhalten haben. U. Meixner

 
     
     
 
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