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Der elfte März und der elfte September sind nur Stationen. Der wirkliche Ernstfall im Krieg gegen den islamistischen Terror tritt ein, wenn die Terroristen über die Atombombe verfügen. Diesem Fall sind wir offenbar näher, als gemeinhin vermutet wird. Die Tatsache, daß Teheran nur zögerlich Kontrollen an seinen Atomanlagen zulassen will, gibt zu Sorgen Anlaß. Denn was die Kontrolleure bis jetzt gefunden haben, läßt die Annahme zu, daß das Regime der Mullahs an der Bombe bastelt. Das erkennen selbst die Europäer an, die ja ansonsten gern auf den kritischen Dialog mit der Diktat ur im Iran setzen und seit einigen Jahren Amerika und Israel mehr Mißtrauen entgegenbringen als den Despoten in Nah- und Mittelost.
Die Ahnung, daß die Mullahs auch weiter sein könnten, als bisher angenommen, kam schon in den letzten Monaten auf, als über die Fortschritte Libyens, das eng mit dem Iran zusammenarbeitete, und über den Verrat des Vaters der pakistanischen Atombombe berichtet wurde. Der orthodoxe Muslim hatte sein Know-how nicht nur Pakistan zur Verfügung gestellt, sondern auch die Glaubensbrüder im Iran bedient. Hinzu kommen die Funde und Erkenntnisse der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, zum Beispiel, daß Teheran über eine gut entwickelte Zentrifugentechnik, zwei Massenspektrometer in einem Laseranreicherungsprogramm sowie über konkrete Pläne zum Bau heißer Zellen im Schwerwasserforschungsreaktor Arak verfügt - alles Elemente, die man für den weiter fortgeschrittenen Bau einer Atombombe braucht.
Die Mullahs nennen die in einer Resolution formulierten Erkenntnisse der Wiener Behörde "unfair und betrügerisch". Das ist nur ein Vorwand. Sie setzen darauf, daß sie mit dieser Taktik genügend Zeit gewinnen, um den Bau bis zur Fertigstellung wenigstens einer Bombe voranzutreiben. Dann wären sie in der Lage, die freie Welt zu erpressen, denn sie verfügen auch über die notwendigen Trägersysteme, um die Bombe bis nach Europa zu fliegen.
Es ist unwahrscheinlich, daß die Mullahs die Bombe auch der Al Kaida überlassen würden. Die Al Kaida folgt den radikalen Lehren der Wahabiten, die Mullahs sind dagegen Schiiten, beide Richtungen halten sich gegenseitig für ketzerisch. Aber das schließt nicht aus, daß die Mullahs über ihr eigenes Netz versuchen, den Atombomben-Terror in große Städte wie New York, Berlin, Paris oder London zu tragen. Natürlich ist auch Tel Aviv im Visier, und deshalb ist die klammheimliche Hoffnung mancher Europäer nicht unbegründet, daß die Israelis nicht erst warten, bis es soweit ist, sondern schon vorher auf ihre Weise den Fall erledigen - indem sie mit den Atomanlagen Tabula rasa machen. Das wäre den Europäern am liebsten, dann könnten sie auch noch mit Empörung und Abscheu gegenüber den angeblich kriegerischen Israelis eine diplomatische Bresche schlagen für die Mullahs und weiter Geschäfte mit ihnen machen.
Teheran hat schon lange einen umfassenden Plan für die Revolution am alten Kulturraum Mittelmeer. Unter iranischer Führung sollen überall islamische Zellen und Bewegungen gegründet werden, eine Art islamische Komintern. Für die Führung hat man ein "Institut für die Welt-Organisation der islamischen Befreiung" geschaffen, das mit erheblichen Mitteln ausgestattet ist und auf das staatlich-diplomatische Netz der Iranischen Republik zurückgreifen kann. Es wurde gegründet von Ayatollah Sayed Hadi Chosrow-Schahi, ehemals Botschafter des Irans beim Vatikan. Bezeichnenderweise spricht die iranische Propaganda nur von der "islamischen Revolution" und kaum von den Unterschieden zwischen Sunniten und Schiiten. Diese werden vor allem durch ethnische und historische Gegensätze und Ressentiments potenziert.
Es ist der radikale Islam, der der Welt den Krieg erklärt hat, nicht der Islam als solcher. Jahrelang haben Leute wie bin Laden, Saddam Hussein, die iranischen Mullahs, die afghanischen Taliban oder auch die Scheichs der Hisbollah im Libanon und der Hamas in Palästina den unkontrollierten Haß gegen Israel, Amerika und die Dekadenz der westlichen Welt gesät. Die Saat ist aufgegangen. Sie bedroht die zivilisierte Welt. Aber es geht nicht nur um blinden Haß. Der Haß ist religiös motiviert. Das ist für Europäer offenbar nur schwer zu verstehen.
Wichtig für die freie Welt ist: Kein radikal-islamischer Staat besitzt derzeit die Atombombe. Gerade in Kreisen der Radikalen wird in diesem Zusammenhang gern auf ein Traktat zur Außenpolitik hingewiesen. Es handelt sich um ein Standardwerk für islamische Außenpolitiker, verfaßt von dem aus Algerien stammenden und den dortigen Islamisten nahestehenden Mohammad Yacine Kassab. Es trägt den Titel "Geopolitik des Islam". Darin ist zu lesen: "Alle haben die Bombe. Für die Christen sind es die Amerikaner, die Franzosen, die Briten. Für die orthodoxen Christen die Russen. Für die Juden ist es Israel. Für die Hinduisten ist es Indien. Für die Taoisten sind es die Japaner, für die Konfuzianer die Chinesen. Alle haben die Bombe, nur der Islam nicht."
Islamisten führen alles auf religiöse Umstände und Motive zurück, auch den Besitz der Bombe. Das ist das Ziel: diese Bombe zu bekommen - und zu gebrauchen. Bis dahin begnügt man sich nolens volens mit B- und C-Waffen und mit konventionellem Terror. Wer sich heute in der Welt umschaut und die Konfliktfelder analysiert, wird feststellen, daß in mehr als 80 Prozent radikale Muslime involviert sind. Das gibt nicht das Recht, alle Muslime zu verteufeln. Aber das erinnert an die Pflicht, gegenüber radikalen Religionen besonders wachsam zu sein.
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