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Mitteldeutschland: Der Fluch der bösen Tat

 
     
 
Als das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im April 1991 das erste Urteil gegen die Eigentumsrechte des von den Kommunisten in den Jahren 1945 bis 1949 in der SBZ enteigneten Mittelstands sprach, wurde dies von Wolfgang Schäuble, dem seinerzeitigen Innenminister, mit den Worten begrüßt: „Mein schönstes Geburtstagsgeschenk.“ Heute wissen wir aufgrund sorgfältiger Recherche
: Das von der Regierung Kohl behauptete Junktim der UdSSR - Wiedervereinigung nur bei Nichtrückgabe der 1945 bis 1949 konfiszierten Immobilien - hat es niemals gegeben. Und: Die erstmals frei gewählte Volkskammer der DDR war in der Nachtsitzung vom 23. auf den 24. August 1990 dem Geltungsbereich des (noch nicht um den Artikel 143/3 erweiterten) Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beigetreten - ohne jede Bedingung.

Kanzler Kohl wußte bereits seit seinem Besuch vom 10./11. Februar 1990 bei Gorbatschow, daß die Russen für die Wiedervereinigung keine Bedingungen stellen würden. Also gab es auch keine „Einschätzung“ der Regierung in diese Richtung, wie als Ersatz für die zwischenzeitlich zusammengebrochene These von der unumstößlichen Bedingung (conditio sine qua non) dem Verfassungsgericht 1996 vorgetragen wurde. Was schlimmer ist: Wir wissen heute, daß die Regierung Kohl das deutsche Parlament mit einer unwahren Behauptung genötigt hat, in unsere Verfassung etwas elementar Böses einzufügen - die Mißachtung der Eigentumsrechte einer Gruppe der Bevölkerung, die keine Lobby hatte. Es gab insgesamt 2.169.000 Restitutionsbegehren von Bürgern, deren Familien von den Kommunisten bestohlen worden waren - darunter Widerständler des 20. Juli 1944 und deutsche Juden.

In der Ex-DDR fehlt heute ganz dringend der Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft, als Steuerzahler und als heißersehnter Arbeitgeber. Die Hypothese, daß durch Schäubles „schönstes Geburtstagsgeschenk“ mehr als 500.000 Arbeitsplätze nicht entstanden sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Die hierdurch verursachten Soziallasten und fehlenden Steuereinnahmen liegen im dreistelligen Milliardenbereich. Hinzu kommt, daß die andauernde Arbeitslosigkeit und fehlende Zukunftsperspektiven in den östlichen Bundesländern gerade die leistungsfähige und leistungswillige Jugend auf breiter Front zum Abwandern treiben. In den letzten zehn Jahren haben über zwei Millionen Einwohner die Ex-DDR verlassen - verödete Stadtzentren und über eine Million leerstehende Wohnungen sind ein Menetekel.

Was ist zu tun? Um die teils seit Jahrhunderten dort tätigen Unternehmerfamilien in ihre Heimat zurück zu locken, müssen die noch im Staatsbesitz befindlichen Immobilien und landwirtschaftlichen Flächen sofort und unbürokratisch an die rechtmäßigen Eigentümer restituiert werden. Dies würde die private Finanzierung von Arbeitsplätzen ermöglichen - durch Hypotheken auf Grundbesitz, ohne staatliche Zuschüsse. Für die zwischenzeitlich verkauften Immobilien aber ist eine faire Entschädigung zu zahlen - so, wie es die von US-Senat und Repräsentantenhaus verabschiedete Resolution No. 562 vorsieht.

Neu zu gründende mittelständische Unternehmen sind für die ersten fünf Jahre von allen Ertragssteuern freizustellen, um ausreichend Eigenkapital zu bilden. In den folgenden fünf Jahren kann das Steueraufkommen in jährlichen Stufen auf das normale Niveau hochgeschleust werden. Diese Idee ist übrigens alt und bewährt: So wurde von Friedrich dem Großen das Oderbruch erfolgreich besiedelt und urbar gemacht.

Die bürgerlichen Parteien müssen endlich daran gehen, die Fehler der Wiedervereinigung ohne Rücksicht auf Personen aufzuarbeiten und zu korrigieren. Nur so können die vielen hunderttausend ehemals bürgerlichen Wähler, die sich heute weitgehend in die Wahlenthaltung geflüchtet haben, zurückgewonnen werden.

Solange der oben gewiesene Weg nicht beschritten wird, muß das Land weiter Buße tun: Durch völlig überhöhte Steuern für unnötige Sozialausgaben, durch fehlenden Rechtsfrieden und dadurch verursachte Auswüchse am extremen linken und rechten Rand des Parteienspektrums und durch das schlechte Gewissen, sich abermals an einer Minderheit versündigt zu haben - zum Schaden des gesamten Staates. Heiko Peters

 
     
     
 
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