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Am 4. Mai 1998 verstarb im Alter von 93 Jahren Prof. Dr. Dr. Theodor Oberländer. Der am 1. Mai 1905 im thüringischen Meiningen Geborene gehörte von 1953 bis 1961 und von 1963 bis 1965 dem Deutschen Bundestag an und hat als Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte im Kabinett Adenauer von Oktober 1953 bis Mai 1960 Regierungsverantwortung getragen - zum Wohle Deutschlands insgesamt und zum Wohle unzähliger Opfer des Krieges und des kommunistischen Terrors. Oberländer gehörte zur Gründergeneration der Bundesrepublik Deutschland .
Oberländer war in den Augen vieler, die den Begriff mit einem hämisch verletzenden Unterton gebrauchen, eine "umstrittene" Persönlichkeit. Seine zahlreichen Feinde im hiesigen Linkskartell ebenso wie in den Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre als Institutionen zusammengebrochenen "Westarbeits"-Apparaten des SED-Staates, der Sowjetunion und anderer sogenannter "sozialistischer" Staaten verleumdeten ihn über vier Jahrzehnte hinweg als "Kriegsverbrecher", Altnazi", "Neofaschisten", und als einen "intellektuellen Wegbereiter der Neuen Rechten". Bis zu seinem Tode war Oberländer eines der bevorzugten "Zielobjekte" und Opfer von Verdächtigungen, Verleumdungen und Desinformationen - nicht immer ohne "Erfolg".
Zwei Tage vor seinem 93. Geburtstag und wenige Tage vor seinem Tode beschäftigte sich die "Berliner Zeitung" im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zu "rechtsextremistischen Vorfällen in der Bundeswehr" mit angeblich "neuen Vorwürfen" gegen ranghohe Soldaten der Armee. Die Zeitung bezog sich auf einen Bericht des Magazins "Stern", nach dem der ranghöchste Heeressoldat in den neuen Bundesländern, der als "Held von der Oder" bekannt gewordene designierte Generalinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant Hans-Peter von Kirchbach, Mitglied des "Arbeitskreises Christlicher Publizisten" (ACP) sei.
Wie fürchterlich, ist doch der ACP nach Einschätzung des Linkskartells ein "dubioser ultrakonservativer Verein", der "fundamentalistischen Sekten" und "extrem charismatischen Gruppen" nahestehen soll, der um eine "geistig-moralische Wende" kämpft und in seiner Mitgliederzeitschrift "bevorzugt rechte Populisten" zu Wort kommen läßt. Doch es kommt noch schlimmer: "Der Alt-Nazi und Weggefährte Hitlers, Theodor Oberländer, der wegen seiner braunen Vergangenheit 1960 als Vertriebenenminister zurücktreten mußte, ist Ehrenmitglied im ACP", vermeldete die Zeitung. Auch 38 Jahre nach einer nicht unwirksam gebliebenen Rufmordkampagne ist Oberländer bei vielen Feinden, vor allem auch in der sogenannten "Antifa-Bewegung", nicht vergessen.
Im Oktober 1953 wurde Oberländer in das zweite Kabinett Adenauer als Vertriebenen- und Flüchtlingsminister geholt. Bereits damals meldeten sich viele Kritiker (auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) und viele Angreifer zu Wort, die vor allem an der politischen Vergangenheit Oberländers Anstoß nahmen. Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, den Hans-Peter Schwarz in der fünfbändigen "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" (Stuttgart/Wiesbaden, Band 2, 1981, S. 201) gibt: "Der später so kritische Spiegel half dem Angegriffenen sogar mit gezielter Sympathiewerbung".
Sechs Jahre später, als der SED-Staat auf mehreren Ebenen und unter Einbeziehung mehrerer Institutionen (vor allem Ministerium für Staatssicherheit, "Westarbeits"-Apparate, Justiz) damit begann, eine breit angelegte Verleumdungs- und Vernichtungskampagne gegen Oberländer zu starten, richtete sich auch das Inte-resse im freien Teil Deutschlands erneut auf den "Fall Oberländer", "wiederum in starkem Maß vom Spiegel dirigiert" (aaO. Band 3, 1983, S. 205).
An gleicher Stelle heißt es weiter: "Die Presseberichte, die ziemlich eindeutig aus östlichen Quellen gespeist wurden, beschuldigten den Bundesvertriebenenminister der Verwicklung in Massenmorde, begangen während des Rußlandkrieges, in dem Oberländer als Offizier bei ukrainischen und anderen aus Ostvölkern zusammengesetzten Freiwilligeneinheiten Dienst getan hatte."
In der Sitzung des Bundesvorstandes der CDU am 26. April 1960 in Karlsruhe erklärte Adenauer zu den Attacken gegen Oberländer unter anderem: "Ich muß sagen, was mich an der ganzen Angelegenheit betrübt, das ist doch, daß die Presse in der Bundesrepublik auf die Angriffe der SED gegen die Politik der Bundesregierung einen so ungeheuer großen Wert legt. Ich weiß nämlich, daß die SED noch eine Reihe von namhaften Mitgliedern der CDU/CSU auf ihrem Programm stehen hat."
Die Funktion des "Spiegel" bei den Attacken gegen Oberländer in den Jahren 1959/60 und später gegen andere Politiker im freien Teil Deutschlands ist gewiß ein interessantes Detail in der Rolle dieses Nachrichtenmagazins als Transporteur, als Verwender und Verbreiter von Desinformationsmaterialien aus Geheimdiensten "sozialistischer" Staaten. Im freien Teil Deutschlands wurden die gegen Oberländer erhobenen Anschuldigungen sowohl in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als auch im Rechtsausschuß des Bundestages gründlich überprüft. Zweifelsfrei ergab sich die Haltlosigkeit aller dieser Anschuldigungen, was inzwischen durch die Gauck-Behörde bestätigt wurde. Das "Oberste Gericht der DDR" veranstaltete gegen Oberländer einen Schauprozeß und veruteilte ihn in Abwesenheit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Nicht aus Feigheit heraus, sondern aus einer ritterlichen Gesinnung gegenüber Bundeskanzler Adenauer, dem gesamten Kabinett und der CDU/CSU trat Oberländer im September 1960 als Minister zurück. Er wollte seinen Kampf gegen die Verleumder - ein sich über Jahrzehnte, bis in seine letzten Lebensjahre, hinziehender Kampf - als Privatmann weiterführen. Richtig ist, daß Oberländer 1933 in die NSDAP eintrat. Tatsache ist aber auch, daß er zehn Jahre später nicht nur zur NSDAP auf Distanz ging, sondern zur persona non grata wurde. Im Spätsommer 1943 wurde Oberländer aus der Wehrmacht entlassen und vom Reichsführer SS Heinrich Himmler auf eine "schwarze Liste" gesetzt. Himmler wollte ihn liquidieren lassen.
Der erfahrene Rußlandkenner und Kenner des "Bolschewismus in seiner ganzen Menschenverachtung und Grausamkeit" (Oberländer im Geleitwort zu Siegfried Schütte, Theodor Oberländer, München 1995) hatte sich für eine dem Völkerrecht gemäße Behandlung von Kriegsgefangenen sowie für eine vernünftige, humane Behandlung der Ostvölker eingesetzt. Er plädierte auch vehement dafür, die Minderheiten in der Sowjetunion, Ukrainer, Kaukasier, Georgier, als Gleichberechtigte für den antibolschewistischen Kampf zu gewinnen. Oberländer hatte seine Auffassungen, mutig offen, in mehreren Denkschriften zum Ausdruck gebracht. Auch Adolf Hitler wurden einige dieser Denkschriften zur Kenntnis gebracht, von diesem jedoch in ideologischer Verblendung durchweg verworfen. Bis in die letzten Jahre vor seinem Tode war Oberländer, körperlich arg behindert, geistig jedoch von einer bewundernswerten Lebendigkeit, mit großem Erinnerungsvermögen und der Fähigkeit zur klaren Analyse. Ich erinnere mich mit Dankbarkeit an ein tiefgründiges Gespräch mit ihm vor einigen Jahren nach einem Vortrag von mir zum Thema "Vom alten zum neuen Sozialismus".
Das Urteil des "Obersten Gerichts" des Unrechtsstaates "DDR" gegen Oberländer wurde 1993 vom Landgericht Berlin aufgehoben. Im Juni des selben Jahres bestätigte der Ehrenrat der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag die Ehrenerklärung vom 13. April 1960 für den Träger des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
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