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Figuren des Königstores werden restauriert

 
     
 
Eine Überraschung ist es, daß das Königstor, das zu den wenigen preußischen Baudenkmalen gehört, die den Zweiten Weltkrieg überstanden, zu Beginn des Jahres als offizielles russisches Symbol und Logo der 750-Jahr-Feier von Königsberg gewählt wurde. Das Jubiläumslogo zeigt das stilisierte, mit den Farben Weiß-Blau-Rot der russischen Fahne hinterlegte Tor und den Schriftzug "750 KALININGRAD". Der erste Platz im Wettbewerb, der mit einer Geldprämie in Höhe von 1.000 Euro verbunden war, wurde einem Moskauer Designbüro zuerkannt. Insgesamt sollen der Jury 67 Entwürfe, darunter auch einige aus der Bundesrepublik Deutschland
, vorgelegen haben.

Man hätte eher erwartet, daß die Wahl auf den wiederhergestellten Königsberger Dom, das heute größte und prächtigste Bauwerk der Stadt, oder auf die neue russisch-orthodoxe Christus-Erlöser-Kathedrale, deren Einweihung bevorsteht, fallen würde. Möglicherweise spielte bei der Wahl des Königstors die Tatsache eine Rolle, daß sich daran die Skulptur von König Ottokar II. von Böhmen, dem zu Ehren Königsberg seinen Namen erhielt, befindet. Wie Fritz Gause, der Historiker der Stadt Königsberg, schreibt, ist diese Sandsteinfigur "das einzige Denkmal dieses aus tschechischem und deutschem Blut stammenden Fürsten auf deutschem Boden gewesen".

Der Böhmenkönig soll denn auch bei dem zu den Jubiläumsfeierlichkeiten geplanten Festumzug mit historischen Gruppen auftreten. Hier sollen auch Prußen, der Bischof Adalbert, die Gesandtschaft Zar Peters des Großen und Rotarmisten ihren Auftritt haben, nicht aber Ritter des Deutschen Ordens. Unter dem Hochmeister des Ordens Poppo v. Osterna erfolgte im Januar 1255 der Kreuzzug gegen das von den heidnischen Prußen bewohnte Samland, das rasch erobert und durch die Anlage einer Burg auf der Anhöhe "Tuwangste" über dem Pregel, wo sich wahrscheinlich eine prußische Wallburg befand, gesichert wurde. Dem vornehmsten und ranghöchsten Kreuzfahrer, dem damals mächtigsten Reichsfürsten König Ottokar II. von Böhmen, zu Ehren wurde die Burg "Königsberg" benannt.

Vom Mittelbau des Königstors blicken drei für die Geschichte des Landes und der Stadt bedeutende Herrscher herab: Zwischen dem Böhmenkönig und Herzog Albrecht, dem letzten Hochmeister des Deutschen Ordens und Begründer des Herzogtums Preußen (1525), steht Friedrich I., der sich als Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1701 in Königsberg zum ersten König in Preußen krönte. Auf alten Fotographien, zumeist Ansichtskarten, erscheinen die Figuren sehr klein, doch lassen sich noch Details erkennen. So trägt Friedrich I. zwar nicht die Krone auf dem Haupt, aber in der Rechten das Zepter und in der Linken den Reichsapfel, Ottokar II. den Topfhelm, den Schild zur Linken und ein nicht erkennbares Attribut in der Rechten, und Herzog Albrecht erhebt mit beiden Händen das Herzogsschwert, das spätere Reichsschwert.

Zur russischen 750-Jahr-Feier Anfang Juli soll das Tor möglichst vollständig restauriert sein. Zur Bauplastik äußerte unlängst Wladimir Maluschjew, ein Mitarbeiter des russischen Kulturministeriums, daß "die Restauratoren bislang nicht einmal über genaue Archivvorlagen" verfügen, "um die fehlenden Fragmente der drei, seit dem Kriegsende stark beschädigten und kopflosen Sandsteinfiguren zu ersetzen". Er meinte, letztere könnten zwar "im Prinzip auch in Deutschland vervollständigt werden", aber "nach dem russischen Gesetz sei es ‚praktisch unmöglich , die Figuren über die Grenze zu bringen. Zur Zeit werde deshalb geprüft, ob Restauratoren aus St. Petersburg die Wiederherstellung übernehmen könnten".

Ende März war es dann soweit. Ein Foto von Igor Sarembo auf der Titelseite des Königsberger Express vom April zeigt einen Restaurator bei der Arbeit auf dem Gerüst "in zehn Meter Höhe". Während König Friedrich I. bereits Kopf und Arme mit den Insignien erhalten hat und Herzog Albrechts Haupt und Arme mit dem Schwert im Entstehen sind, ist König Ottokar II. noch verstümmelt. Die Restaurierung, die "ein hohes Maß an Sorgfalt und Fachwissen erfordert", wird von "einem der führenden Restauratoren der St. Petersburger Eremitage" geleitet.

Das Königstor wurde zwar bereits 1945 bei der Belagerung und dem Sturm der sowjetischen Armee auf das zur Festung erklärte Königsberg durch Flieger- und Artilleriebeschuß stark in Mitleidenschaft gezogen, den drei prominenten Fürstenfiguren aber hat man erst nach der Eroberung der Stadt die Köpfe und Arme mit den Attributen abgeschossen beziehungsweise -geschlagen. Ein sowjetisches Foto vom 9. April, dem Tag der Kapitulation der Stadt, zeigt den Böhmenkönig noch mit Kopf.

Wie nach der Perestroika Swetlana Suchowa in ihrem Artikel "Die Partei befahl: ‚Vernichten! " in den Moskau News vom Dezember 1990 berichtet, soll Bürgermeister Viktor Denisow außer dem Dom das Königstor gerettet haben, "indem er die Vorbereitung zu dessen Sprengung für die Parteibonzen der Stadt sorgfältig inszenierte. Diese beobachteten eine Zeit lang die Sprengmeister bei der Arbeit, wollten aber die Sprengung selbst nicht abwarten und fuhren weg. Ihnen folgte der Sprengstoff."

So konnte in dem später von den sowjetischen Behörden unter Denkmalschutz gestellten Königstor nach der Öffnung des Königsberger Gebietes im Frühjahr 1991 das auch in deutscher Sprache bezeichnete "Cafe Königstor" die ersten 1945 und später aus ihrer Heimat geflüchteten, vertriebenen oder "umgesiedelten" Ostdeutschland einladen. Wenig später aber wurde das baufällige Tor mit einem Bretterzaun umgeben.

 

Königstor: Hinter der Plane erhalten die Skulpturen von König Ottokar II. von Böhmen, dem zu Ehren Königsberg seinen Namen erhielt, Friedrich I., der sich 1701 in der Pregelmetropole zum ersten König in Preußen krönte, und Herzog Albrecht, dem letzte Hochmeister des Deutschen Ordens und Begründer des Herzogtums Preußen, wieder ihre Köpfe und Herrschaftssymbole.
 
     
     
 
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